Bundesrat gegen Gewerbesteueroasen – Gesetzesänderung mit unklaren Auswirkungen auf inländische und internationale Lizenzzahlungen gefordert

28.11.2016

Das Land Nordrhein-Westfalen hat einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, welcher darauf abzielt, bestimmte Lizenzmodelle zur Reduzierung von Gewerbesteuerzahlungen zu beseitigen. Der Finanz-, Wirtschafts-und der Innenausschuss haben bereits am 15. November 2016 empfohlen, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, durch eine Gesetzesänderung die bislang durch ein Lizenzmodell mögliche und rechtlich zulässige Verschiebung von Gewerbesteuerzahlungen aus Gemeinden mit hohem Hebesatz in eine Gemeinde mit niedrigem Hebesatz zu verhindern.

Konzerne bündeln regelmäßig die Inhaberschaft ihrer immateriellen Wirtschaftsgüter in sog. „IP-Gesellschaften“. Ausgangspunkt und Ursache für diese Zentrierung sind weniger steuerliche Gestaltungen als vielmehr die Tatsache, dass durch die Zentrierung der Schutz und die Verwaltung von Schutzrechten, etc. vereinfacht wird, da dies zentral durch eine bei der IP-Gesellschaft angesiedelte Rechtsabteilung erfolgen kann, die die Rechte weltweit schützt und den Schutz durchsetzt.

Diese IP-Gesellschaften lizenzieren die immateriellen Wirtschaftsgüter im Konzern an die einzelnen nutzenden Gesellschaften im In- und Ausland. Diese Lizenzzahlungen werden auch vom Land Nordrhein-Westfalen im Grundsatz nicht beanstandet. Die Entschließung richtet sich aber gegen die Möglichkeit, dass es durch die Wahl des Ansiedlungsortes der IP-Gesellschaft in eine sog. „Gewerbesteueroase“ möglich ist, dass durch die Lizenzzahlung die inländische Gewerbesteuerlast des Konzerns in Summe etwas reduziert wird. Diese Reduktion wird durch Lizenzzahlungen von inländischen Gesellschaften aus Gemeinden mit hohem Hebesatz an die IP-Gesellschaft bzw. durch die Vereinnahmung von Lizenzzahlungen von ausländischen Gesellschaften bei der IP-Gesellschaft erreicht, weil die IP-Gesellschaft einer niedrigeren Gewerbesteuerlast unterliegt, als dies bspw. bei der Konzernmutter in einer Gemeinde mit hohem Hebesatz (z.B. Duisburg) der Fall wäre.

Die künstliche Zentrierung der immateriellen Wirtschaftsgüter des Konzerns in einer IP-Gesellschaft in einer Gewerbesteueroase, um dadurch bei der IP-Gesellschaft Gewerbeerträge aus Lizenzzahlungen von inländischen nahestehenden Unternehmen zu erzielen, ist derzeit aber kaum steuerlich attraktiv. Denn der Vorteil eines niedrigeren Gewerbesteuerhebesatzes wird bereits nach derzeitiger Gesetzeslage des § 8 Nr. 1 Buchst. f) GewStG durch eine (anteilige) Hinzurechnung von Lizenzzahlungen zum Gewerbeertrag konterkariert. Vor diesem Hintergrund wirkt die Initiative des Finanzministers aus Nordrhein-Westfalen auch wie der „neidische Blick“ aus der Landeshauptstadt Düsseldorf (Gewerbesteuersatz 15,4%) auf den „Vorort“ Monheim (Gewerbesteuersatz 9,275%), der seit Jahren durch attraktive Steuerpolitik Unternehmen anzieht.

Die Entschließung zur Gesetzesänderung zielt darauf ab, diese Modelle zukünftig abzuschaffen, damit kein Gewerbesteuerwettkampf zwischen den Gemeinden stattfinden kann.

Derzeit ist nicht bekannt, wie die gesetzliche Umsetzung dieses Vorschlags erfolgen soll. Es ist unklar, ob dies durch isolierte Änderungen des GewStG (z.B. Erhöhung der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f) GewSt oder Schaffung von Hürden zur Anerkennung von Lizenzzahlungen) oder durch den Eingriff in Grundprinzipien der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach den Vorschriften des EStG und damit mittelbar des Gewerbeertrags erreicht werden soll.

Die Gesetzesinitiative kann sich jedoch auch wesentlich auf grenzüberschreitende Lizenzbeziehungen auswirken. Denn auch ausländische Konzerne konzentrieren häufig die Inhaberschaft an immateriellen Wirtschaftsgütern in (ausländischen) IP-Gesellschaften, deren Geschäftsbetrieb sich mitunter auf die Verwaltung und den weltweiten Schutz der immateriellen Wirtschaftsgüter beschränkt. Lizenzzahlungen von inländischen Konzerngesellschaften an ausländische IP-Gesellschaften sind im Grundsatz fremdüblich. Würde eine Gesetzesinitiative aber bspw. an der steuerlichen Abzugsfähigkeit dieser Lizenzzahlungen ansetzen und diese weiter beschränken, kommt es zwangsläufig zur (teilweisen) Doppelbesteuerung. Bereits bislang werden Lizenzzahlungen an ausländische Konzerngesellschaften in Betriebsprüfungen häufig kritisch diskutiert, weil die Fremdüblichkeit der Höhe des Lizenzsatzes aufgrund regelmäßig nur begrenzt verfügbarer Fremdvergleichswerte nur eingeschränkt belegt werden kann. Durch eine weitere Verschärfung der Gesetzeslage werden die Diskussionen zu diesem Thema nicht abreißen.

Dr. Sven Kluge