Abzugsbeschränkung bei Verlusten aus Termingeschäften

18.09.2020

Nach § 4 Abs. 4 EStG steht der Betriebsausgabenabzug grundsätzlich unter der alleinigen Bedingung des betrieblichen Veranlassungszusammenhangs. Hierzu hat der Gesetzgeber allerdings punktuelle Ausnahmen definiert. Eine leicht zu übersehende, aber gleichwohl bedeutsame Ausnahme ist in § 15 Abs. 4 Satz 3 i.V. mit Satz 1 und 2 EStG kodifiziert. Demnach sind Verluste aus Termingeschäften grundsätzlich vom Betriebsausgabenabzug ausgenommen. Über die Anwendung dieser Vorschrift hatten unlängst das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 22. Juli 2019, Az. 10 K 1157/17, Rev. anh., Az. IV R 34/19) nun das FG München (Urteil vom 23. Juni 2020, Az. 6 K 3354/16) zu entscheiden.

Objektive Eignung und subjektive Sicherungsabsicht erforderlich

Entgegen dem grundsätzlichen Betriebsausgabenabzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG bestimmt § 15 Abs. 4 Satz 4 2. Alt. EStG, dass Verluste aus Termingeschäften abzugsfähig sind, wenn die zugrunde liegenden Geschäfte der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen (sog. Hedge-Geschäfte). Erforderlich ist hierfür nach der ständigen Rechtsprechung sowohl ein objektiver Nutzungs- und Funktionszusammenhang als auch ein subjektiver Sicherungszusammenhang zwischen dem Absicherungsgeschäft und dem Grundgeschäft. Das heißt, der Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft muss gewollt und das Sicherungsgeschäft muss auch geeignet sein, Risiken aus dem Grundgeschäft zu kompensieren.

FG Baden-Württemberg vom 22. Juli 2019

Im vor dem FG Baden-Württemberg verhandelten Fall hatte eine im Inland ansässige GmbH & Co. KG geklagt, die einen Gewerbebetrieb für Herstellung und Handel betreibt. Die Klägerin hatte ein Bankdarlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren aufgenommen, für das ein variabler Zinssatz ausgehend vom 3-Monats-Euribor zzgl. 1% Kreditmarge und 0,54% Refinanzierungskosten vereinbart war. Zu einem späteren Zeitpunkt schloss die Klägerin bei der A-Bank einen Zins-Währungsswap zur Zinsabsicherung des Darlehens über die verbleibende Restlaufzeit von 14 Jahren ab. Demnach hatte die Klägerin auf einen sich monatlich verringernden Bezugsbetrag einen festen Zinssatz von 3,37% in CHF zu zahlen; sie erhielt von der Bank auf einen sich ebenfalls monatlich verringernden Bezugsbetrag [variable] Zinsen i.H.d. 1-Monats-Euribor zuzüglich eines Spreads von 1,54% Basispunkten. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung behandelte der Prüfer den Zins-Währungsswap der Klägerin als Termingeschäft i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG und ließ die hieraus entstandenen Verluste nicht zum Betriebsausgabenabzug zu; das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

 

Die hiergegen gerichtete Klage war nach Auffassung des Finanzgerichtes begründet. Denn der streitgegenständliche Zins-Währungsswap fällt zwar nach Einschätzung des Gerichts grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG, war aber geeignet, das Zinsrisiko des Darlehensvertrages abzusichern. Konkret konnte im vorliegenden Fall ein objektiver Nutzungs- und Funktionszusammenhang nachgewiesen werden: So waren die Vertragspartner des Darlehensvertrages und des Zins-Währungsswap identisch, die Restlaufzeiten beider Verträge stimmten überein und die Bezugsbeträge des Swaps entsprachen dem Restbetrag des Darlehens zum Zeitpunkt des Abschlusses und ihrer monatlichen Verringerung der vereinbarten Darlehenstilgung. Im Ergebnis hoben sich die monatlichen Zahlungen zwischen der Klägerin aus dem Darlehen und der Bank aus dem Swap gegenseitig auf. Dass der Swap-Vertrag erst ein Jahr nach dem Kreditvertrag abgeschlossen wurde, war demgegenüber unschädlich. Und auch das über den Swap neu hinzugetretene (relativ geringe) Währungsrisiko stand nach Einschätzung des FG Baden-Württemberg der objektiven Sicherungseignung nicht entgegen. Schließlich war auch von einem subjektiven Sicherungszusammenhang auszugehen, da die Klägerin den Swap-Vertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hatte, an dem der Zinssatz des Euribor zu steigen begann, was den Abschluss eines Zinssicherungsgeschäft rechtfertigte. Damit war der Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Zur Fortbildung des Rechts war aber die Revision zuzulassen; der Fall ist nun beim BFH anhängig.

FG München vom 23. Juni 2020

Im vom FG München entschiedenen Fall hatte eine im Inland ansässige GmbH geklagt, die weltweit Warenlieferungen an verschiedene Kunden unterhielt. Die Klägerin fakturierte ihre Lieferungen grundsätzlich in EUR, teilweise auch in USD und GBP. Die Umrechnungen der Zahlungen erfolgten zum jeweiligen Kurswert am Tag der Zahlung. Gleichzeitig schloss die Klägerin verschiedene Swapgeschäfte ab. Diese Termingeschäfte betrafen grundsätzlich verschiedene Währungen (CHF, CZK, GBP, HUF) und (variable) Zinssätze. Die Klägerin hatte gegenüber der Bank als Vertragspartner erklärt, dass ihrer Geschäftspolitik eine spekulative Risikopräferenz zugrunde liege. In einem parallel gelagerten zivilrechtlichen Verfahren waren Ansprüche der Klägerin gegenüber der Bank u.a. deswegen erfolgreich durchgesetzt worden, weil die Swapgeschäfte nicht „grundgeschäftsbezogen“ waren, d.h., dass keine Sicherung von Grundgeschäften gewollt war und dass die Einkünfte/Absicherung/Mehrung nicht oder nur in geringen Umfang der Deckung der Betriebskosten/des Betriebsvermögens dienen würden. Die aus den Swapgeschäften resultierenden Aufwendungen wurden durch die Klägerin zunächst als Betriebsausgaben abgezogen. Im Rahmen der Betriebsprüfung hatte das zuständige Finanzamt die Aufwendungen jedoch unter Verweis auf § 15. Abs. 4 Satz 3 EStG wieder hinzugerechnet. Das hiergegen angestrengte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

 

Das Finanzgericht München wies die Klage als unbegründet zurück. Denn nach seiner Einschätzung waren die Swapverträge von Anfang an und in allen Fällen erkennbar nur darauf ausgerichtet, aus der Differenz der jährlichen Zahlungen von und an die Bank einen Gewinn zu erwirtschaften. Damit hatte die Klägerin Termingeschäfte getätigt, die in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG fallen. So konnte das FG München bei den Swap-Geschäften der Klägerin keinen objektiven Nutzungs- und Funktionszusammenhang feststellen. Denn die Swapgeschäfte waren in allen sechs Fällen ungeeignet, das Währungsrisiko beziehungsweise die zukünftigen Zahlungsrisiken der Klägerin abzusichern. Darüber hinaus war für das Finanzgericht auch nicht ersichtlich, dass Sicherungsgeschäfte gewollt waren. Vielmehr überwog bei der Klägerin nach Einschätzung des Gerichts das Spekulationsmotiv. Dies entsprach auch den durch die Klägerin gegenüber ihrer Bank getätigten Angaben. So hatte diese u.a. angegeben, dass die Einkünfte nicht oder nur in einem geringen Umfang der Deckung ihrer Betriebskosten beziehungsweise ihres Betriebsvermögens dienen sollten. Diese Willensäußerung sprach nach der Einschätzung des FG München klar gegen eine Sicherungsabsicht. Ein subjektiver Sicherungszusammenhang war dadurch nicht gegeben.

Praxisfolgen für Termingeschäfte

Die vorstehenden Fälle zeigen deutlich den Anwendungsbereich der § 15 Abs. 4 Sätze 3 und 4 EStG auf. Während im einen Fall Sicherungseignung und -absicht klar auf der Hand liegen, ist dies im anderen Fall kaum erkennbar. Dementsprechend ist beiden Judikaten auch zuzustimmen. Mit Spannung ist ferner abzuwarten, wie sich der BFH im vor dem FG Baden-Württemberg verhandelten Fall positionieren wird. So wird das Urteil erwartungsgemäß einen Hinweis darauf geben, ob die Anforderungen des § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG weit oder eng auszulegen sind. Schließlich illustrieren beide Fälle anschaulich die gerade bei Steuerstreit oftmals kritische Frage der Dokumentation. Denn der Steuerpflichtige steht regelmäßig vor der Herausforderung, einen Sachverhalt sowie die zu Grunde liegende Motivation Jahre später nachweisen zu müssen.