Die Aufteilung von Grundstückskaufpreisen auf Grund und Boden sowie Gebäude ist regelmäßig Streitpunkt zwischen den Finanzbehörden und dem Steuerzahler. Zwar hatte das BMF als Hilfestellung für die Praxis eine eigene Arbeitshilfe bereitgestellt, die Streitanfälligkeit der Kaufpreisaufteilung war damit aber nicht beseitigt. Zuletzt hat der Bundesfinanzhof durchgegriffen und der bisherigen Arbeitshilfe des BMF eine Absage erteilt (Entscheidung vom 21. Juli 2020, Az. IX R 26/19). Demnach ist eine Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grund und Boden nach dem Verhältnis von deren Verkehrs- oder Teilwerten vorzunehmen. Dafür kann nach Ansicht des BFH (nach § 8 Abs. 1 der Immobilienwertverordnung) das Vergleichswertverfahren, einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren herangezogen werden.

Nun hat das BMF reagiert und Ende April 2021 eine neue Arbeitshilfe „Kaufpreisaufteilung“ herausgegeben. Während die alte Version ein vereinfachtes Sachwertverfahren anwendete, greift das Update des BMF die einzelnen Bewertungsverfahren auf und ermöglicht es, den Verkehrs-, Ertrags- oder Sachwert zu ermitteln. Welches Verfahren letztlich angewendet wird, hängt von der Grundstücksart sowie den vorliegenden Daten ab.

Bewertung im Ertragswertverfahren

Der häufigste Anwendungsfall, beispielsweise bei Eigentumswohnungen, dürfte das Ertragswertverfahren sein, da es meist keine soliden Vergleichswerte gibt. Der Ertragswert eines Grundstücks errechnet sich aus der Summe des Bodenwerts und des Gebäudewerts. Der Bodenwert bildet hierbei das Produkt der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Damit wird der Bodenwert pauschal berechnet; auf individuelle Anpassungen geht die Arbeitshilfe nicht ein.

Der Gebäudewert wird auf Grundlage der Jahresnettokaltmiete, einem anzuwendenden Liegenschaftszinssatz und der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer des Gebäudes berechnet. Die einzelnen Eingabefelder sind detailliert erläutert und ermöglichen es auch Laien, die Arbeitshilfe zu benutzen. Trotzdem steckt der Teufel im Detail und sollte bei den einzelnen Eingabefeldern nicht unterschätzt werden.

Maßgebliche Jahresmiete

Ist die tatsächliche Nettokaltmiete nicht bekannt oder liegt die übliche Miete um mehr als 20% über der vereinbarten Miete, ist die (markt-)übliche Miete heranzuziehen. Zwar veröffentlichen die örtlichen Gutachterausschüsse diese regelmäßig, dies ist aber meist kostenpflichtig. Auch gilt es, die jeweiligen Einrichtungsstandards anzupassen. Anhand der Mietflächen und üblichen Quadratmeterpreise ist die Vergleichsmiete dann zu ermitteln. Je nachdem, ob die tatsächliche Jahresmiete oder die übliche Miete berücksichtigt wird, verändert sich der Ertragswert des Gebäudes und damit auch die Aufteilung.

Liegenschaftszinssatz

Ein neuralgischer Punkt ist die Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes. Dieser beeinflusst den Gebäudewert maßgeblich, da auf dessen Basis eine fiktive Bodenwertverzinsung vom Gebäudewert abgezogen wird. Dies kann das Verhältnis der Verkehrswerte signifikant verschieben. Das Ergebnis ist der sogenannte Ertragswert, der über die restliche Nutzungsdauer abzuzinsen ist. Der dafür maßgebliche Barwertfaktor hängt jedoch von der Höhe des Liegenschaftszinssatzes ab. Während die Liegenschaftszinssätze regelmäßig von den Gutachterausschüssen zur Verfügung gestellt werden, gilt dies nicht für die spezifischen Barwertfaktoren. Hilfsweise zieht die Arbeitshilfe daher typisierte Faktoren heran. Dies kann das reale Verhältnis der Verkehrswerte stark beeinflussen.

Restnutzungsdauer

Ein zusätzlicher wertbeeinflussender Faktor ist die Restnutzungsdauer. Die Arbeitshilfe sieht dafür ein eigenes Tabellenblatt („Fiktives Baujahr“) vor. In einem Dropdownmenü können die Fragen zur durchgreifenden Modernisierung mit „ja“, „nein“ oder „teilweise“ beantwortet werden. Je nach Umfang der ausgewählten Modernisierungsarbeiten verjüngt sich das fiktive Baujahr der Immobilie und schlägt unmittelbar auf den ermittelten Ertragswert durch, und das zum Teil erheblich. Inwiefern die Arbeitshilfe einzelne Modernisierungselemente erfassen sollte, lässt sich bei dürftiger Datenlage (z.B. bei Altbauten) nur ungefähr beantworten oder bietet dadurch eine große Bandbreite an Bewertungsergebnissen. Das eröffnet einen enormen Spielraum für die Kaufpreisaufteilung.

Die Arbeitshilfe als praxisnahe Bewertungshilfe

Im Ergebnis greift die aktualisierte Arbeitshilfe die Kritik des BFH auf und hat die Bewertung optimiert. Gleichwohl liefert sie auch nur einen indikativen Aufteilungsmaßstab auf Basis einer typisierten Betrachtung.  Dem Anwender bieten sich zudem etliche Stellschrauben, durch gezielte Eingaben das Bewertungsergebnis zu beeinflussen. Generell ist die Arbeitshilfe aber eine gute Hilfestellung für die erste Orientierung und sollte deutlich realitätsnähere Werte als die alte Version ausgeben. In kritischen Fällen kann sie allerdings ebenfalls keine fachkundige Einzelbewertung durch einen Gutachter ersetzen. Das birgt vermutlich auch künftig ein gewisses Streitpotential zwischen dem Steuerzahler und der Finanzverwaltung.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit empfiehlt es sich, die neue Arbeitshilfe mit Vorsicht zu betrachten und anzuwenden. Mit dem BMF als Herausgeber der Arbeitshilfe ist zwar zu erwarten, dass die Finanzverwaltung die damit erstellten soliden Bewertungen gut akzeptieren. Eine Detailüberprüfung, beispielsweise durch die Betriebsprüfung, lässt sich trotzdem nie gänzlich ausschließen.