Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf den Jahresabschluss

16.03.2022 | FGS Blog

Ökonomische Folgen des Ukraine-Krieges heute kaum abschätzbar

Aus heutiger Sicht lassen sich die Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine für die Weltwirtschaft und die Entwicklung von Unternehmen kaum abschätzen. Klar ist, der Ukraine-Krieg wird sich auch in den Bilanzen deutscher Unternehmen widerspiegeln. Das IDW hat daher einen Fachlichen Hinweis zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Rechnungslegung und deren Prüfung veröffentlicht, um die drängendsten Fragen in diesem Bereich zu beantworten. Insbesondere für Abschlüsse, die noch nicht aufgestellt, geprüft oder festgestellt sind, bietet der IDW Hinweis damit eine Orientierung für Unternehmen und Abschlussprüfer.

Ukraine-Krieg als wertbegründendes Ereignis

Die betroffenen Fachausschüsse des IDW sind der Auffassung, dass es sich bei dem Angriff Russlands um einen wertbegründenden Vorgang handelt. Das IDW verweist hier auf Parallelen zum Beginn der Corona-Pandemie. Auch damals waren viele Abschlüsse zum gerade zurückliegenden Stichtag noch nicht (abschließend) aufgestellt, geprüft, festgestellt oder gebilligt. Maßgebliches Ereignis für die Abgrenzung ist der widerrechtliche Übertritt der Grenzen des ukrainischen Staatsgebiets durch das russische Militär am 24.02.2022. Entsprechende bilanzielle Konsequenzen sind damit aufgrund des Stichtagsprinzips gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB grundsätzlich erst in Abschlüssen mit Stichtag nach dem 23.02.2022 zu ziehen. Etwas anderes gilt, wenn aufgrund der Auswirkungen des Krieges die Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit („Going-concern“) nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Berichtspflicht im Fall von bestandsgefährdenden Risiken

Das Management hat im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses eine Einschätzung über die Fortführung des Geschäftsbetriebs zu treffen. Wird der Abschluss unter Going-Concern aufgestellt, können dennoch wesentliche Unsicherheiten bestehen, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen können (sog. „bestandsgefährdende Risiken“ i.S. des IDW PS 270 n.F.).

 

Hier sind im Anhang die bestandsgefährdenden Risiken sowie der geplante Umgang mit diesen anzugeben. Dies kann sowohl im Nachtragsbericht als auch zu Beginn des Anhangs gemacht werden. Über das bestandsgefährdende Risiko ist zudem im Lagebericht unter expliziter Benennung einer solchen zu berichten. Nach Auffassung des IDW ist ein rein pauschaler Hinweis auf bestandsgefährdende Risiken infolge bestehender Unsicherheiten über den weiteren Verlauf des Ukraine-Krieges und dessen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens hingegen nicht ausreichend.

Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Nachtragsberichterstattung

Im Anhang des handelsrechtlichen Abschlusses ist über den Kriegsausbruch zu berichten, wenn dieser aus Sicht des jeweiligen Unternehmens als „Vorgang von besonderer Bedeutung“ einzustufen ist. Generell ist ein solcher Vorgang anzunehmen, wenn seine Auswirkungen geeignet sind, das Bild, das der Abschluss zum Abschlussstichtag vermittelt, zu beeinflussen und ein Abschlussadressat - ohne diese Nachtragsberichterstattung - die Entwicklung des Unternehmens nach dem Abschlussstichtag wesentlich anders beurteilen würde. Im Rahmen der Nachtragsberichterstattung ist nach Auffassung des IDW zur Darstellung des Vorgangs dabei ein allgemeiner Hinweis zum Ausbruch des Krieges ausreichend. Daneben sind die finanziellen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darzustellen.

 

Grundsätzlich ist die Nachtragsberichterstattung kein Ersatz für die Berichterstattung im Lagebericht. Der jeweiligen Berichterstattungspflicht ist sowohl im Anhang als auch im Lagebericht nachzukommen, obgleich es hierbei zu Doppelungen kommen kann. Um Transparenz und Übersichtlichkeit zu steigern, wäre es indes als zulässig anzusehen, im Nachtragsbericht auf die Darstellungen im Lagebericht zu verweisen, wenn ansonsten identische Angaben an beiden Stellen aufzunehmen wären.

Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Lageberichterstattung

Der Ausbruch des Ukraine-Krieges sollte sich in vielen Fällen im Lagebericht zumindest in den Risikoberichten niederschlagen. Eine Berichtspflicht besteht hier grundsätzlich dann, wenn in der weiteren Entwicklung eine negative Abweichung von Prognosen oder Zielen des Unternehmens möglich ist, es sich um ein wesentliches Einzelrisiko handelt und andernfalls kein zutreffendes Bild von der Risikolage des Unternehmens vermittelt wird.

 

Besteht infolge der aktuellen Ereignisse bereits eine geänderte Erwartung des Managements zu den prognostizierten Leistungsindikatoren, ist dies entsprechend im Prognosebericht darzustellen. Nach Auffassung des IDW können Unternehmen, deren Tätigkeiten wesentlich von den Auswirkungen des Ukraine-Krieges betroffen sind, anstelle von Punkt-, Intervall- oder qualifiziert-komparativen Prognosen unter gewissen Voraussetzungen nun erleichternd auch eine rein komparative Prognose abgeben.

 

Ein vollständiger Verzicht auf eine Prognoseberichterstattung bleibt unzulässig.

Auswirkungen auf die Abschlussprüfung

Zudem enthält der Fachliche Hinweis eine Reihe von Hilfestellungen für den Abschlussprüfer, wie mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Abschlussprüfung umzugehen ist.