Bisherige Rechtsprechung verneint Einkünftekorrekturen gemäß § 1 AStG bei nicht fremdüblich vereinbarten „anderen Bedingungen“

Legt der Steuerpflichtige bei einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einem Nahestehenden im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG „andere Bedingungen“, insbesondere andere (Verrechnungs-)Preise zugrunde, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten, begründet dies eine Einkünftekorrektur gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG.

 

Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung wurden entsprechende Einkünftekorrekturen aber in den Fällen gesperrt, in denen eine DBA-Regelung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA anwendbar war und die Korrektur auf „andere Bedingungen“ und nicht auf den reinen Verrechnungspreis bezogen war.

 

Relevant war dies beispielsweise im Bereich von konzerninternen Darlehen, bei denen zwar eine unbesicherte Darlehensvergabe als „andere Bedingung“ im Sinn von § 1 AStG angesehen wurde, die Einkünftekorrektur allerdings durch eine Regelung entsprechend § 9 Abs. 1 OECD-MA gesperrt war.

Sperrwirkung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entfällt für nicht fremdübliche „andere Bedingungen“

Der BFH hat nun für Darlehen, die eine Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft gewährt, entschieden: Die Nichtbesicherung des Konzerndarlehens stelle eine „andere Bedingung“ dar, aufgrund derer Art. 9 DBA-Belgien i.d.F. von 1967 keine Sperrwirkung entfaltet (Urteil vom 27.2.2019, I R 73/16). Nach Darlehensausfall ist daher die vorgenommene Teilwertabschreibung gem. § 1 AStG zu korrigieren.

 

Der BFH geht demnach davon aus, dass Korrekturen „anderer Bedingungen“, die nicht Verrechnungspreise sind, ebenfalls in Fällen möglich sind, in denen eine analoge Regelung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA anzuwenden wäre.

 

Mit dem Urteil weicht der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung ab (BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BFHE 250, 386, BStBl. II 2016, 258, DStR 2015, 2120 und v. 17.12.2014 – I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl. II 2016, 261, DStR 2015, 466). Bislang ging das Schrifttum im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung davon aus, dass eine Einkünftekorrektur durch eine Regelung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nur hinsichtlich der Höhe der Preise durchzuführen ist und dass etwaige sonstige Bedingungen der Geschäftsbeziehung allenfalls preisbeeinflussend, nicht aber selbst einer Korrektur zugänglich sind.

Neue Rechtsunsicherheit für Einkünftekorrekturen gem. § 1 AStG

In der Praxis dürfte die Entscheidung für den Darlehensverzicht einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihrer Tochter kaum mehr relevant sein. Denn entsprechende Teilwertabschreibungen sind durch Änderung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ohnehin nicht mehr steuerlich anerkannt. Gleichwohl erhöht sich die Rechtsunsicherheit: Zukünftig wird nämlich häufiger die Frage zu stellen sein, welche Nebenbedingungen der Geschäftsbeziehung einer weiteren Korrektur gemäß § 1 Abs. 1 AStG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 OECD-MA zugänglich sind.

 

Zwar weist der BFH in seiner Entscheidung (Rz. 27) darauf hin, dass die sogenannten formellen Sonderbedingungen für Zuwendungen einer Gesellschaft an den beherrschenden Gesellschafter nicht Gegenstand der geänderten Rechtsprechung sind. Sie gehören nach Auffassung des Senats nicht zu den anderen korrigierbaren Bedingungen. Gleichwohl dürfte dies im entschiedenen Fall auch nicht entscheidungsrelevant gewesen sein, handelte es sich doch um einen Fall der verdeckten Einlage und nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung.

 

Es bleibt abzuwarten, wie der BFH in weiteren Fällen zur Sperrwirkung einer der Art. 9 Abs. 1 OECD-MA vergleichbaren Regelung entscheidet und hierdurch seine geänderte Rechtsprechung konkretisiert. Am Entscheidungstag jedenfalls wurden zwei weitere Fälle zu Verrechnungspreisen vor dem zuständigen I. Senat in München verhandelt (Az. I R 51/17 sowie I R 81/17).