Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Urteil v. 16.9.2021 – IV R 7/18 eine Rechtsprechungsänderung in Bezug auf die Betriebsaufspaltung sowie die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung herbeigeführt (siehe hierzu Blogbeitrag). Für Besitz-Personengesellschaften soll das sog. Durchgriffsverbot, d.h. die Abschirmwirkung einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft für Zwecke einer Betriebsaufspaltung, nicht mehr gelten. Bei einer konzerninternen Überlassung von Grundbesitz durch eine Besitz-Personengesellschaft bedeutet dies, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG ggf. nicht mehr gewährt wird.

Das Urteil kam überraschend für viele Steuerpflichtige. Denn bei einer Beteiligung an einer Besitz-Personengesellschaft, die ausschließlich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, wurde den mittelbar beteiligten Gesellschaftern bislang wegen des sogenannten Durchgriffsverbots weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion der Besitzgesellschaft zugerechnet.

Das BMF hat sich nun in einem Schreiben geäußert, wie mit betroffenen Sachverhalten zu verfahren ist.

Vertrauensschutzregelung für Besitz-Personengesellschaften bis einschließlich 2023

Aus Vertrauensschutzgründen soll nach dem BMF-Schreiben eine solche Beteiligung an einer Besitz-Personengesellschaft bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu berücksichtigen sein. Dies bedeutet, dass betroffene Unternehmen noch für das Jahr 2023 die erweiterte Kürzung erhalten, obwohl ihnen diese unter Berücksichtigung der ergangenen BFH-Rechtsprechung nicht mehr zusteht.

Dies gibt Unternehmen die Planungssicherheit sowie Zeit, um bestehende Strukturen im Jahr 2023 so anzupassen, dass die erweiterte Kürzung auch unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung langfristig weiter möglich ist. Ein Ansatzpunkt könnte beispielsweise darin bestehen, die grundbesitzende Personengesellschaft im Rahmen eines Formwechsels in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln.

Bestätigung des Durchgriffsverbots bei Besitz-Kapitalgesellschaften

Unklar war zuletzt, welche Bedeutung das BFH-Urteil v. 16.9.2021 – IV R 7/18 für Sachverhalte mit Grundbesitz-Kapitalgesellschaften hat. Das Urteil deutete auf eine gewisse Uneinigkeit des I. und des IV. Senats in dieser Frage hin, welche in zukünftigen Verfahren möglicherweise eine Divergenz der Senate und ein Anrufen des Großen Senats zur Folge haben könnte.

Das BMF-Schreiben stellt nun heraus, dass für Besitz-Kapitalgesellschaften weiterhin die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zum Durchgriffsverbot gelten. Dies bedeutet, dass für eine konzerninterne Grundbesitzüberlassung, die über eine Besitz-Kapitalgesellschaft erfolgt, nach Anordnung des BMF auch weiterhin die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG zu gewähren ist.

Damit gewinnen Besitz-Kapitalgesellschaften, welche die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für eine konzerninterne Vermietung von Grundbesitz in Anspruch nehmen, an Sicherheit, dass die Finanzverwaltung diese gewerbesteuerliche Kürzung auch in Zukunft akzeptiert. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass der BFH über einen solchen Sachverhalt künftig zu entscheiden hat, sofern es bspw. aufgrund anderer Streitpunkte zu einem finanzgerichtlichen Verfahren kommt.