Mit BEPS-Aktionspunkt 13 wurden die Verrechnungspreisdokumentationsvorschriften in Kapitel V der OECD-Leitlinien neu gefasst. Neben Empfehlungen zur Zweigliederung der eigentlichen Verrechnungspreisdokumentation in ein gruppenbezogenes Master File und mehrere unternehmensbezogene Local Files spricht sich die OECD für die Einführung einer Verpflichtung zur Abgabe eines – prinzipiell international einheitlichen – länderbezogenen Berichts (sog. Country-by-Country Reporting, CbCR) aus. Diese Pflicht trifft besonders große (Gruppenumsatz 750 Mio. Euro) multinationale Unternehmen.

 

In Deutschland wurde die Pflicht zur Erstellung und Übermittlung eines Country-by-Country Reporting (länderbezogener Bericht) durch die Einführung des § 138a AO umgesetzt. Inländische Konzernobergesellschaften im Anwendungsbereich des § 138a AO mussten bereits für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, ein erstes Country-by-Country Reporting an das BZSt übermitteln. Im Zuge der Umsetzung haben sich einige Zweifelfragen ergeben, die sich teilweise weder mit Blick auf die Gesetzesbegründung noch die OECD-Verlautbarungen zufriedenstellend beantworten lassen. Dies betrifft u.a. das Steuerhoheitsgebiet als Ordnungskriterium.

Steuerhoheitsgebiet als Ordnungskriterium

Nach § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO soll ein länderbezogener Bericht eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht enthalten, in der für die dort ansässigen bzw. belegenen Konzerneinheiten verschiedene Finanz- und Steuerinformationen zusammengefasst anzugeben sind. Was unter dem Begriff des „Steuerhoheitsgebiets“ zu verstehen ist, geht weder aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig hervor, noch wird es in den Begründungen von Referenten- und Gesetzesentwurf erläutert. Der OECD-Vorschlag, der dem § 138a AO wesentlich zu Grunde liegt, verwendet insoweit den Begriff „Tax Jurisdiction“, worunter sowohl Staaten als auch nicht-staatliche Rechtsgebiete mit steuerlicher Autonomie zu verstehen sein sollen. Damit stellt sich die Frage, wie das Kriterium der „steuerlichen Autonomie“ für Zwecke des Country-by-Country Reporting auszulegen ist.

 

Mangels näherer Hinweise kann eine Orientierung am Geltungsbereich von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sinnvoll sein, um dem Begriff des „Steuerhoheitsgebiets“ näher zu kommen. So werden im DBA zumindest für bilaterale Besteuerungszwecke Steuerhoheitsgebiete definiert. Bspw. wird in den neueren von Deutschland geschlossenen DBA grundsätzlich auf das Hoheitsgebiet einschließlich des angrenzenden Küstenmeeres abgestellt. Daher kann der für abkommensrechtliche Zwecke definierte Begriff des Steuerhoheitsgebiets auch für die Erstellung des Country-by-Country Reporting genutzt werden.

 

Was dies konkret bedeutet, soll im Folgenden exemplarisch für zwei große Handelspartner der Bundesrepublik Deutschland verdeutlicht werden.

  • Vereinigtes Königreich: Zu dem geografischen Anwendungsbereich des DBA-Großbritannien zählen das Vereinigte Königreich und Nordirland. Demgegenüber werden die Kanalinseln (Jersey, Guernsey, Alderney und Sark) sowie die Isle of Man nicht von dem Abkommen erfasst.
  • Volksrepublik China: Hongkong ist vom DBA-China nicht erfasst, da es sich um ein steuerlich autonomes Gebiet handelt mit dem im Übrigen die Volksrepublik China selbst ein gesondertes DBA abgeschlossen hat.

Konkret heißt dies bspw., dass für Zwecke länderbezogener Berichte Jersey oder Hongkong jeweils als Steuerhoheitsgebiete separat von Großbritannien oder China auszuweisen sind. Somit sind in den ersten beiden Übersichten hierfür jeweils separate Zeilen aufzunehmen. Diese „Praktikerlösung“ hilft indes nur in solchen Fällen, in denen auch tatsächlich ein DBA abgeschlossen wurde. Ist dies nicht der Fall, so muss der Begriff des Steuerhoheitsgebiets im Ermessen des mitteilungspflichtigen Unternehmens ausgelegt werden. Zweifelsfälle sollten – ob nach „DBA-Methode“ oder anders gelöst – in Tabelle 3 des Country-by-Country Reporting erläutert werden.

 

Außerdem kann eine Konzerngesellschaft in mehreren Staaten als steuerlich ansässig gelten (z.B. weil der eine Staat die unbeschränkte Steuerpflicht an den Sitz, der andere Staat an den Ort der (tatsächlichen) Geschäftsleitung anknüpft, und diese Anknüpfungsmerkmale der Gesellschaft im geografischen Sinne auseinanderfallen). Hier soll nach Auffassung der OECD der Ansässigkeitsstaat für Zwecke der länderbezogenen Berichterstattung nach der Kollisionsregel des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens bestimmt werden. Dies kann als Beleg dafür gesehen werden, dass zur Bestimmung eines Steuerhoheitsgebiets die Orientierung an den DBA durchaus plausibel ist und im Einklang mit der OECD-Empfehlung steht.

 

Für den Fall, dass eine Konzerngesellschaft in mehreren Steuerhoheitsgebieten ansässig ist und kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, ist die Konzerngesellschaft für Zwecke des Country-by-Country Reporting in dem Steuerhoheitsgebiet zu erfassen, in dem sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet. Diese soll nach den Vorgaben der EUAHiRL im Einklang mit international vereinbarten Standards, nach der Empfehlung der OECD konkret unter Berücksichtigung von Art. 4 OECD-MA (2017) bestimmt werden.