Die Meldung von innergemeinschaftlichen Fernverkäufen im OSS-Verfahren

03.08.2021 | FGS Blog

Seit dem 1. Juli 2021 können Online-Händler ihre innergemeinschaftlichen Fernverkäufe im Sinne des § 3c Abs. 1 UStG im sogenannten OSS-Verfahren melden. Das OSS-Verfahren ist ein spezielles Erfassungs- und Meldeverfahren. Es ermöglicht dem Unternehmer, im EU-Ausland geschuldete Umsatzsteuer durch Abgabe von nur einer Steuererklärung zentral abzuführen. Auf diese Weise soll eine umsatzsteuerliche Registrierung in mehreren Mitgliedstaaten vermieden werden. Grundsätzlich ist die Teilnahme am OSS-Verfahren freiwillig. Der Unternehmer kann allerdings nur am OSS-Verfahren teilnehmen, sofern er alle innerhalb der EU steuerpflichtigen Fernverkäufe einheitlich über das OSS-Verfahren meldet.

Nutzung des OSS-Verfahrens

Die Nutzung des OSS-Verfahrens wird für einige Unternehmer eine Erleichterung sein. Zum einen muss der Unternehmer durch den vierteljährlichen Abgabeturnus nicht mehr sämtliche Meldefrequenzen in den einzelnen Mitgliedstaaten im Blick haben. Zum anderen hat er die entstandene Umsatzsteuer regelmäßig erst später zu entrichten.

Ein Großteil der Online-Händler profitiert jedoch nicht von der bezweckten Vereinfachung. Denn innergemeinschaftliche Verbringungen können nicht über das OSS-Verfahren gemeldet werden. Möchte ein Unternehmer eine sogenannte Fulfillment-Service-Struktur eines Online-Marktplatzes nutzten, bei welcher Waren innerhalb der EU umgelagert werden, kann die Registrierung in den Ländern mit Warenlager weiterhin nicht vermieden werden. Zudem ist bei Versendungen aus einem im Gemeinschaftsgebiet befindlichen Warenlager genau zu unterscheiden in welchem Verfahren der Umsatz zu erklären ist.

Beispiel

Der in Deutschland ansässige Online-Händler H hat Waren vor dem Verkauf in ein polnisches Lager eines Online-Marktplatzes bringen lassen. Danach verkauft H die Waren über den Marktplatz an Verbraucher, die a) in Deutschland oder b) in Polen ansässig sind. Die Waren werden daher von Polen nach Deutschland verschickt beziehungsweise innerhalb von Polen an die Kunden versendet.

Lösung

Im ersten Schritt erfolgt ein innergemeinschaftliches Verbringen von Deutschland nach Polen, das – bei Erbringung aller Nachweise – in Deutschland steuerfrei ist. In Polen muss H einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklären, weshalb er in Polen registrierungspflichtig ist. H erhält in Polen einen Vorsteuerabzug in gleicher Höhe. Dies entspricht der Rechtslage vor dem 1. Juli 2021.

Alternative a)

Im zweiten Schritt ist H verpflichtet, den innergemeinschaftlichen Fernverkauf im OSS-Verfahren zu erklären, obwohl H als Lieferer und seine Kunden in Deutschland ansässig sind. Denn sofern H das OSS-Verfahren nutzen möchte (und die übrigen Voraussetzungen vorliegen), ist H verpflichtet alle innerhalb der EU steuerpflichtigen Fernverkäufe einheitlich über das OSS-Verfahren zu melden (§ 18j Abs. 1 Satz 4, 1. Halbsatz UStG n.F.). Innergemeinschaftliche Fernverkäufe aus dem Lager in Polen an in Deutschland ansässige Kunden kann H demnach nicht über seine Umsatzsteuer-Voranmeldung in Deutschland erklären.

Alternative b)

Im zweiten Schritt ist H verpflichtet die reine Inlandslieferung von dem polnischen Lager an die Endverbraucher in Polen in der polnischen Umsatzsteuer-Voranmeldung zu erklären. Der Umsatz ist nicht über das OSS-Verfahren zu melden.

Ergebnis

Das Beispiel zeigt, dass bei Nutzung eines ausländischen Warenlagers (z.B. im Rahmen von Fulfillment-Service-Strukturen) auch Transaktionen ausgeführt werden, die sich nicht über das OSS-Verfahren abwickeln lassen. Vom OSS-Verfahren profitieren daher vor allem Unternehmer mit einem einzigen Zentrallager im Sitzstaat oder Fulfillment-Service-Strukturen, welche lediglich der Lagerung ihrer Waren in ihrem Sitzstaat zugestimmt haben.