Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung – Relevanz für gemeinnützige Organisationen

26.05.2021 | FGS Blog

Gemeinnützige Körperschaften agieren oftmals in einem rein innerdeutschen Kontext. Die Globalisierung macht gleichwohl auch vor gemeinnützigen Körperschaften keinen Halt. So sind Mittelverwendungen ins Ausland, etwa im Rahmen einer Fördertätigkeit, gang und gäbe. Kooperationen mit ausländischen Organisationen und Einrichtungen nehmen immer weiter zu. Auch bei der Mittelbeschaffung gewinnen grenzüberschreitende Vorgänge immer größere Bedeutung, z.B. wenn Unternehmen Auslandsvermögen auf eine gemeinnützige Körperschaft übertragen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu kürzlich eine Entscheidung veröffentlicht. Dabei ging es um eine deutsche gemeinnützige Stiftung, die an einer niederländischen Kapitalgesellschaft beteiligt war sowie zwei in den Niederlanden belegene Grundstücke besaß (BFH, Urteil vom 17. November 2020 – I R 72/16).

Bei Betriebsaufspaltung sind Gewinnausschüttungen steuerpflichtig

Die praktische Bedeutung der Entscheidung betrifft die ertragsteuerliche Beurteilung der Gewinnausschüttungen einer ausländischen gewerblich tätigen Tochterkapitalgesellschaft an eine deutsche gemeinnützige Körperschaft. Gewinnausschüttungen nichtgemeinnütziger Tochterkapitalgesellschaften fallen grundsätzlich im ertragsteuerfreien Bereich der Vermögensverwaltung an. Ausnahme: Liegt eine sogenannte Betriebsaufspaltung vor, begründet die Beteiligung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. In der Konsequenz ist die Dividende im Ergebnis zu 5 % ertragsteuerpflichtig. Zudem muss die ausschüttende Gesellschaft Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % einbehalten und an den Fiskus abführen. (Die gemeinnützige Gesellschafterin kann sich die “zu viel” einbehaltene Kapitalertragsteuer bei Veranlagung anrechnen lassen).

Betriebsaufspaltung auch über die Grenze

Eine Betriebsaufspaltung liegt z.B. dann vor, wenn eine gemeinnützige Körperschaft mehrheitlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist und dieser eine wesentliche Betriebsgrundlage, etwa eine Immobilie oder Marken, zur Nutzung überlässt. Allgemein stellt sich – insbesondere in Bezug auf Immobilien – die praktisch bedeutsame Frage, ob der Gegenstand der Nutzungsüberlassung, z.B. eine Immobilie, eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt.

 

Im oben genannten aktuellen Urteil hat der BFH gewichtige Stimmen in der Literatur bestätigt, wonach die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch in grenzüberschreitenden Fällen anzuwenden sind. Diese Grundsätze greifen auch dann, wenn eine deutsche gemeinnützige Körperschaft an einer ausländischen Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist und dieser Gesellschaft eine im Ausland belegene wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Gewinnausschüttungen sind dann zu 5 % ertragsteuerpflichtig. Denkbar ist auch, dass eine deutsche gemeinnützige Körperschaft eine im Ausland belegene wesentliche Betriebsgrundlage einer deutschen Tochter- oder Schwestergesellschaft zur Nutzung überlässt. Misslich kann es werden, wenn die Beteiligung an einer Holding, die ihrerseits die Beteiligung an Tochtergesellschaften hält, über die grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung in die Steuerpflicht hineingezogen wird.

Doppelbesteuerungsabkommen: Besteuerung in Deutschland?

Der vom BFH entschiedene Fall erinnert daran, dass die vielzähligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und ausländischen Staaten auch für gemeinnützige Körperschaften praktische Relevanz haben. In einem DBA werden Besteuerungsrechte dem einen oder dem anderen Vertragsstaat, teilweise auch beiden Vertragsstaaten partiell zugewiesen. Auf Grundlage eines DBA werden Einnahmen aus der Überlassung von Immobilien in aller Regel im Belegenheitsstaat besteuert. Hingegen erfolgt die Besteuerung von Gewinnausschüttungen regelmäßig (auch) im steuerlichen Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters.

 

Ein wesentlicher Punkt im Kontext der Betriebsaufspaltung: Ob das Besteuerungsrecht dem einen oder dem anderen Staat zugewiesen wird, erfolgt unabhängig von einer Umqualifizierung nach nationalem deutschem Recht. So werden Gewinnausschüttungen abkommensrechtlich nicht in Unternehmensgewinne umqualifiziert, die abkommensrechtlich regelmäßig nur im Ausland besteuert werden.

Generell kann sich das Besteuerungsrecht eines ausländischen Staates daraus ergeben, dass Einnahmen einer ausländischen Betriebsstätte der gemeinnützigen Körperschaft zuzurechnen sind. Ob eine Betriebsstätte im Ausland vorliegt, bedarf sorgfältiger Prüfung. Auch bei der Umsatzsteuer kann dieser Aspekt relevant sein, wenn es darum geht, den Ort der Leistung zu bestimmen. Das Ertragsteuer- und das Umsatzsteuerrecht wie auch das Abkommensrecht stellen dabei unterschiedliche Anforderungen auf, wenn es um die Einordnung einer Betriebsstätte geht. Die bloße Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie macht diese nach Rechtsauffassung des BFH noch nicht zu einer (ausländischen) Betriebsstätte.

Ähnlich: Einfluss auf die Geschäftsführung einer Tochtergesellschaft

Gleiches gilt, wenn eine gemeinnützige Körperschaft Einfluss auf die tatsächliche Geschäftsführung einer in- oder ausländischen Tochterkapitalgesellschaft ausübt. Beurteilt wird dies anhand der Besetzung der obersten Geschäftsführungsorgane beider Seiten. Speziell im Kontext gemeinnütziger Körperschaften gibt es nur sehr wenige Gerichtsentscheidungen. Ungeklärt ist insbesondere, ab welcher Schwelle die Zusammensetzung der Organe in Richtung einer Einflussnahme kippt. Allgemein ist die Zusammensetzung der Organe in einem Verbund auch auf ihre ertragsteuer- und umsatzsteuerlichen Auswirkungen zu prüfen.