Grenzüberschreitende Mittelweitergabe an ausländische NPOs

31.01.2022 | FGS Blog

Nachdem in Teil 1 unserer neuen Blog-Reihe die Voraussetzungen einer Anerkennung für ausländische Non-Profit-Organisationen (NPOs) in Deutschland beleuchtet und in Teil 2 die Voraussetzungen für abzugsfähige Spenden von natürlichen Personen und Unternehmen an ausländische NPOs dargestellt wurden, geht es in diesem Teil 3 um die grenzüberschreitende Mittelweitergabe zwischen NPOs.

 

Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht erlaubt zur Förderung gemeinnütziger Zwecke die grenzüberschreitende Mittelweitergabe zwischen NPOs. Das Jahressteuergesetz 2020 (BGBl. I 2020, 3096) hat die Möglichkeit der Mittelweitergabe deutlich vereinfacht. Bislang durften NPOs ihre Mittel ausländischen NPOs nur dann zuwenden, wenn die Satzung dies ausdrücklich vorsah. Nun dürfen NPOs Mittel grundsätzlich unbegrenzt und ohne gesonderte Satzungsregelung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke weitergeben. Die Satzung muss die Mittelweitergabe an andere NPOs nur noch dann erlauben, wenn die NPO einen ihrer Zwecke allein durch Mittelweitergabe an andere NPOs erfüllt (Förderkörperschaft). Die Empfänger-NPO muss außerdem aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht nicht mehr zwingend die gleichen Zwecke fördern wie die mittelweiterleitende NPO. Die verantwortlichen Organe der Körperschaften müssen aber beachten, dass sie weiterhin zivilrechtlich an ihre satzungsmäßigen Zwecke gebunden sind. Sie dürfen die Mittel ihrer NPO nach wie vor grundsätzlich nicht zur Förderung beliebiger Zwecke weitergeben.

Mittelweitergaben an ausländische NPOs

Nach der neuen Rechtslage ist für die Mittelweitergabe von einer in Deutschland anerkannten NPO an eine ausländische NPO danach zu differenzieren, ob die Empfänger-NPO steuerpflichtige Einkünfte in Deutschland erzielt und daher beschränkt steuerpflichtig ist.

1. Empfänger-NPO ohne steuerpflichtige Einkünfte in Deutschland

Erzielt die ausländische Empfänger-NPO – wie im praktischen Regelfall – keine inländischen Einkünfte, kann sie grundsätzlich unbeschränkt Zuwendungen von deutschen NPOs erhalten. Die deutsche NPO muss allerdings nachweisen, dass die Mittel aus deutscher Sicht gemeinnützigkeitskonform verwendet werden. In der Regel sind deshalb nur projektbezogene Zuwendungen möglich. Zudem sollten die deutsche und die ausländische NPO Reportingverpflichtungen und Rückforderungsrechte bei Fehlverwendung vereinbaren.

 

Für Empfänger-NPOs mit Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU oder des EWR („europäische NPOs“) könnte eine Eintragung in das für 2024 geplante Zuwendungsempfängerregister eine Erleichterung bringen (siehe Teil 2 unserer Blog-Reihe). Die Finanzverwaltung überprüft europäische NPOs vor Eintragung in das Zuwendungsempfängerregister. Die Eintragung stellt daher ein erhebliches Indiz dafür dar, dass die deutschen Maßstäbe eingehalten werden. In dem Fall sind dann auch nicht projektbezogene Zuwendungen an eine europäische NPO ohne Einkünfte in Deutschland denkbar. Es gibt aber keinen gesetzlich geregelten Vertrauensschutz.

 

Der neu eingeführte Vertrauensschutz nach § 58a AO (dazu unten) greift nur für deutsche und in Deutschland beschränkt steuerpflichtige europäische NPOs. Daher sollte sich die deutsche Geber-NPO die gemeinnützige Tätigkeit und die gemeinnützige Verwendung der erhaltenen Mittel nachweisen lassen. Dies kann beispielsweise durch die Vorlage der Satzung und des Tätigkeitsberichts sowie durch die Vereinbarung eines Reportings geschehen. Hiermit erfüllt die deutsche Geber-NPO zugleich die Anforderungen des Stiftungs-, Vereins- oder Gesellschaftsrechts. Das Risiko, dass die Zuwendungen an die Empfänger-NPO am Ende doch nicht als gemeinnützig anerkennt werden, liegt allerdings weiterhin bei der Geber-NPO.

2. Beschränkt steuerpflichtige Empfänger-NPO

Möchte eine Geber-NPO Zuwendungen an eine ausländische NPO leisten, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist, darf sie dies nach dem  durch das Jahressteuergesetz 2020 geänderten Gesetzeswortlaut nur, wenn die Empfänger-NPO in Deutschland als gemeinnützig anerkannt ist (§ 58 Nr. 1 Satz 3 AO n.F.). Dabei genügen selbst geringe Kapitaleinkünfte in Deutschland, die zu einer beschränkten Steuerpflicht führen, um das Anerkennungserfordernis auszulösen.

 

Nach aktueller Rechtslage können aber nur europäische NPOs in Deutschland als gemeinnützig anerkannt werden (siehe Teil 1 unserer Blog-Reihe), d.h. die Mittelweitergabe an beschränkt steuerpflichtige NPO aus Drittstaaten wäre gänzlich ausgeschlossen. Die Finanzverwaltung hat dazu jüngst im Anwendungserlass – entgegen dem misslungen Gesetzeswortlaut – klargestellt, dass auch weiterhin Mittelweitergaben an beschränkt steuerpflichtige NPO aus Drittstaaten möglich sind, Voraussetzung ist, dass die Mittel wie bei der Weitergabe an nicht beschränkt steuerpflichtigen NPO aus deutscher Sicht gemeinnützigkeitskonform verwendet werden.

 

Im Übrigen können internationale NPOs jederzeit auch eine eigene deutsche NPO errichten oder eine partnerschaftliche Kooperation mit einer deutschen NPO eingehen. Bei der Kooperation setzt jedoch jede NPO ihre Mittel unmittelbar selbst und in eigener Verantwortung für ein gemeinsames Projekt ein. In der Konstellation kommt es also nicht zu einem Mitteltransfer von der einen zu der anderen NPO.

 

Für europäische Empfänger-NPOs, die in Deutschland als gemeinnützig anerkannt wurden, gilt wie für deutsche Empfänger-NPOs die neue Vertrauensschutzregelung des § 58a AO. Weist die Empfänger-NPO der Geber-NPO spätestens im Zeitpunkt der Zuwendung nach, dass sie in Deutschland als gemeinnützig anerkannt wurde, darf sich die Geber-NPO hierauf verlassen. Wird der Empfänger-NPO nachträglich die Gemeinnützigkeit aberkannt oder die weitergegebenen Mittel ohne Wissen der Geber-NPO fehlverwendet, ist dies für die Geber-NPO gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich. Der Nachweis kann beispielsweise durch einen Freistellungsbescheid nach § 60a AO oder die Anlage Gem. zum Körperschaftsteuerbescheid erfolgen (siehe Teil 2 unserer Blog-Reihe).

Handlungsempfehlung

Möchte eine deutsche NPO eine ausländische NPO fördern, sollte sie sich vergewissern, ob diese wegen inländischer Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegt und sie ggfls. in Deutschland als gemeinnützig anerkannt ist. Ist die Empfänger-NPO in Deutschland nicht als gemeinnützig anerkannt, muss die Geber-NPO sicherstellen, dass die Empfänger-NPO die Mittel nachweislich zur Förderung von Zwecken einsetzt, die den Vorstellungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Dies geschieht typischerweise durch einen Fördervertrag oder auflagen in der Förderzusage. Dies verpflichtet die Empfänger-NPO dazu, die Mittel entsprechend dem vereinbarten Zweck zu verwenden und dies nach Projektdurchführung gegenüber der Geber-NPO nachzuweisen. Im Detail unterscheiden sich die Anforderungen je nachdem, wo die Empfänger-NPO ansässig ist und ob sie inländische Einkünfte erzielt. Folgende drei Fälle sind dabei denkbar:

  • Ausländische NPO aus einem Drittstaat außerhalb der/des EU/EWR: Mittelweitergabe zulässig, aber nur projektbezogen und mit erhöhten Nachweispflichten.

Empfehlung: Förderverträge abschließen. Alternativ: Gründung einer eigenen deutsche Tochter-NPO oder partnerschaftliche Kooperation statt Mittelweitergabe.

  • Europäische NPO, die in Deutschland nicht beschränkt steuerpflichtig ist: Mittelweitergabe zulässig, aber derzeit nur projektbezogen und mit erhöhten Nachweispflichten; zukünftig Erleichterung durch das Zuwendungsempfängerregister.

Empfehlung: Förderverträge abschließen.

  • Europäische NPO, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist: Mittelweitergabe nur zulässig nach Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft im Sinne der §§ 52 ff. AO.

Empfehlung: Nachweis über die Anerkennung einholen.

 

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