Haftung des Geschäftsführers für (urheber)rechtswidriges Geschäftsmodell

23.03.2022 | FGS Blog

Ein Urteil des Landgerichts Köln vom 6. Januar 2022 (Az. 14 O 38/19) gibt Anlass, sich einmal mehr mit dem Thema der Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Rechtsgutsverletzungen in ihrem Unternehmen zu beschäftigen (bitte sehen Sie hierzu auch unseren Blog-Beitrag). In der vorliegenden Entscheidung wurde der beklagte Geschäftsführer wegen mittäterschaftlich begangener Urheberrechtsverletzung zu Unterlassen und Auskunft verurteilt.

Debugging eines Online-Rollenspiels

Die Entwicklerin eines Online-Rollenspiels verklagte eine Herstellerin für Automatisierungssoftware bei Computerspielen (GmbH) und ihren Geschäftsführer wegen Urheberrechtsverletzung. Die Rechte an dem Rollenspiel werden ausdrücklich nur zu privaten (und nicht gewerblichen) Zwecken eingeräumt. Die Nutzer der beklagten GmbH konnten gegen ein monatliches Entgelt mit Hilfe eines sog. „Bots“ Spielzüge des Rollenspiels ausführen ohne – wie die übrigen Spieler – bestimmte Voraussetzungen erfüllen zu müssen, z.B. an einem bestimmten Ort anwesend zu sein. Um diese Bots programmieren zu können wurde das Spiel heruntergeladen und mit Hilfe eines Tools im Objekt-Code angezeigt (sog. Debugging). Anschließend konnte das Spiel regelwidrig unterbrochen und Befehl für Befehl untersucht werden.

 

Das Landgericht Köln entschied, dass durch das Herunterladen das Spiel kopiert und damit gewerblich vervielfältigt wurde. Dadurch wurde das Urheberrecht der Klägerin verletzt.

Werkschutz für Computerprogramm und grafische Elemente des Spiels

Durch das Urheberrecht geschützt sind bei dem Online-Rollenspiel nicht nur das Computerprogramm (§§ 69a ff. UrhG), sondern auch die grafischen Elemente, wie bspw. Grafiken, die Modelle der Avatare und das Logo der Klägerin. Die notwendige Schöpfungshöhe für einen Schutz durch das Urheberrecht wurde also bejaht. Denn spätestens seit der Entscheidung BGH „Geburtstagszug“ (2013) sind keine überragenden „künstlerischen“ Leistungen mehr für einen Schutz von sog. Werken der angewandten Kunst mehr erforderlich. Daneben ist auch die Kartenoberfläche des Spiels als technische Darstellung geschützt.

Unerlaubtes kopieren

Durch Herunterladen des Spiels wird es dauerhaft körperlich gespeichert und damit durch den Täter es kopiert (also dauerhaft vervielfältigt). Auf diesem Weg hat er in das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin eingegriffen. Dies war auch nicht erlaubt, da das Kopieren entgegen der vertraglich eingeräumten Nutzungsrechte nicht privat geschah, sondern um die Kopie gewerblich zu nutzen.

Mittäterschaft des (kaufmännischen) Geschäftsführers

Kopiert hatte das Spiel ein Fachinformatiker und nicht der Geschäftsführer selbst. Die Geschäftsführung hatte allerdings Einfluss auf den organisatorischen und unternehmerischen Rahmen, in dem es zu der Rechtsverletzung kam.

 

Der Geschäftsführer konnte vorliegend als Täter, Teilnehmer oder als sog. Störer haften (bitte sehen Sie hierzu auch unseren Blog-Beitrag).  Das Landgericht sah im Verhalten des Geschäftsführers eine Mittäterschaft. Er hatte maßgeblichen Einfluss auf die Rechtsverletzung, da er das Debugging Tool beauftragt und bezahlt hatte. Darüber hinaus hatte er ein eigenes Interesse an der Tat und war in die Tatorganisation eingebunden. Ein weiteres Argument gegen die Geschäftsführung war, dass das gesamte Geschäftsmodell der Gesellschaft auf eine Urheberrechtsverletzung angelegt war.

 

Der Vortrag des Geschäftsführers, er habe lediglich kaufmännische Aufgaben erfüllt, konnte ihm daher auch nicht helfen.

Fazit

Geschäftsführer können sich nicht durch eine Aufgabenverteilung innerhalb der Gesellschaft einer Haftung entziehen, wenn die Gesellschaft ein Geschäftsmodell verfolgt, welches auf die Verletzung von Rechten Dritter (Immaterialgütern) angelegt ist. Insoweit droht auch eine persönliche Haftung.