Maßgeblicher Zeitpunkt der Kaufpreisallokation auf Grund und Boden und Gebäude

25.11.2022 | FGS Blog

Kaufpreisallokation bei bebauten Grundstücken

Beim Verkauf eines bebauten Grundstücks ist der gezahlte Kaufpreis für steuerliche Zwecke auf den Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits nach den jeweiligen Verkehrswerten aufzuteilen. Nur der auf das Gebäude entfallende Kaufpreis darf aber im Anschluss steuerwirksam abgeschrieben werden. So besteht für Steuerpflichtige ein Anreiz, einen möglichst hohen Anteil des Kaufpreises dem Gebäude zuzuschlagen. Die in der Praxis regelmäßig bereits im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung unterliegt aber naturgemäß der Überprüfung durch die Finanzverwaltung. Dem Gedanken, man könne sich durch eine steueroptimierte Kaufpreisaufteilung nur verbessern, da man im Ergebnis höchstens auf die sowieso maßgebliche Aufteilung nach Verkehrswerten zurückfällt, hat das FG Münster (Urteil vom 22. September 2022 – 8 K 2748/20 E) einen Dämpfer verpasst.

Ist die Finanzverwaltung erstmal zur abweichenden Festsetzung der „richtigen“ Werte berechtigt, seien diese nunmehr auf den Tag der Übergabe zu ermitteln. Liegt zwischen Vertragsabschluss und Übergabe ein längerer Zeitraum und ist der Wert des Grundstücks in der Zwischenzeit weiter gestiegen, ist die Finanzverwaltung berechtigt, diese zwischenzeitliche Wertsteigerung zulasten des Gebäudewerts zu berücksichtigen. Hierdurch kann sich der Steuerpflichtige langfristig deutlich schlechter stellen als mit einer Kaufpreisaufteilung, die sich an den damals maßgeblichen Verkehrswerten orientiert.

Bodenrichtwerte als wesentlicher Maßstab für die Kaufpreisaufteilung

Die in einem Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung ist nach st. Rspr. grundsätzlich auch für die Finanzverwaltung verbindlich. Dies gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Vereinbarung nur zum Schein oder allein aus steuerlichen Gründen getroffen wurde (vgl. § 42 AO). Ein Indiz für eine solche rein steuerlich motivierte Kaufpreisaufteilung liegt laut Rspr. beim Kauf eines bebauten Grundstücks vor, wenn der auf den Grund und Boden entfallende Wert unter dem aktuellen Bodenrichtwert liegt. Der Steuerpflichtige ist dann in der Pflicht, diese Indizwirkung zu widerlegen, z. B. mit dem Nachweis eines mit Altlasten kontaminierten Bodens. Kann die Indizwirkung nicht entkräftet werden, kann die Finanzverwaltung die Verkehrswerte von Grund und Boden und Gebäude eigenständig ermitteln und der Besteuerung zugrunde legen.

Ermittlungszeitpunkt der realen Wertverhältnisse

In einem solchen Fall stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt die realen Verkehrswerte zu ermitteln sind. Sowohl Teile der Literatur als auch die Finanzverwaltung vertreten die Auffassung, dass es für die Ermittlung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt (vgl. Rade, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6, Rn. 312; vgl. BMF „Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises“, S. 1). Das FG schloss sich dem jedoch nicht an. Es verweist auf verschiedene Urteile des BFH, wonach es für den Zeitpunkt der „Anschaffung“ eines Grundstücks auf den Zeitpunkt ankomme, zu dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasen auf den Erwerber übergehen (vgl. BFH, Urteil vom 17. Dezember 2009 – III R 92/08, BStBl II 2014, 190vgl. BFH, Urteil vom 15.01.1985 – IX R 81/83, BStBl II 1985, 252). Wenn dies der Tag der Anschaffung sei, müsse – so das FG – auch die Wertermittlung auf diesen Zeitpunkt abstellen. Zur Sicherung der zutreffenden Besteuerung müsse an die am steuerlich maßgeblichen Stichtag vorliegenden realen Wertverhältnisse angeknüpft werden. Steuerlich sei aber allein der Zeitpunkt maßgebend, an dem Nutzen und Lasten am Grundstück auf den Erwerber übergegangen sind.

Würdigung und Folgen für die Praxis

Das Urteil des FG Münster hat erhebliche Auswirkungen für die Praxis, wenn bei der vertraglich vorgenommenen Kaufpreisaufteilung beim Ansatz des Verkehrswerts für den Grund und Boden die Bodenrichtwerte unterschritten werden. Wird die Abweichung nicht hinreichend begründet und dokumentiert, droht dem Steuerpflichtigen eine Korrektur durch das Finanzamt. Diese kann noch über einen Ansatz der ursprünglichen Bodenrichtwerte und Verkehrswerte hinausgehen. Hierbei ist auch zu beachten, dass nicht jede Begründung steuerliche Berücksichtigung findet.

Zu kritisieren ist, dass sich nach der Entscheidung des FG eine Marktentwicklung zusätzlich belastend auf die Besteuerung des Steuerpflichtigen auswirkt, auf die dieser keinen Einfluss hat. Das FG lässt insoweit auch unberücksichtigt, dass den Parteien bei Vertragsschluss regelmäßig bewusst ist, dass Vertragsschluss und Übergabe zeitlich auseinanderfallen und dies bei der Preisermittlung bereits berücksichtigt haben.

Ob Revision gegen die Entscheidung des FG eingelegt wird, bleibt abzuwarten. Aus Beratersicht wäre eine höchstrichterliche Entscheidung aufgrund der erheblichen Auswirkungen für die Praxis zu begrüßen. Bis dahin empfiehlt es sich, die Kaufpreisaufteilung sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren. Insbesondere bei einem Unterschreiten der Bodenrichtwerte ist spätestens nach diesem Urteil Vorsicht geboten.