Der BFH hat in kurzer Zeit durch drei Urteile Rechtssprechungsänderungen vorgenommen und wichtige Leitlinien zur Umsatzbesteuerung von Leistungen im Sportbereich klargestellt.

 

Nach dem Urteil BFH v. 21.4.2022 - V R 48/20 (V R 20/17) können sich „Sporteinrichtungen ohne Gewinnstreben“ für eine Umsatzsteuerfreiheit nicht unmittelbar auf das EU-Recht berufen, da der deutsche Gesetzgeber die Steuerbefreiung weitgehend frei ausgestalten kann.

 

Das Urteil BFH v. 18.11.2021 - V R 17/20 schafft bei der Einordnung von steuerfreien und steuerpflichtigen Zuschüssen etwas mehr Rechtssicherheit und dürfte für viele Sportvereine hilfreich sein.

 

Dagegen bestätigt das Urteil BFH v. 16.12.2021 – V R 31/21 die Befürchtungen vieler Sportschulen, dass ihre Leistungen womöglich nicht steuerfrei sein. Die Frage ist, was daraus nun folgt.

Umsatzsteuerpflicht bei Leistungen gegen gesondertes Entgelt

Der klagende Golfverein erhielt neben den allgemeinen Mitgliedsbeiträgen ein gesondertes Entgelt für weitere Leistungen (u.a. Greenfee, Ballautomat, Startgelder, Caddys und Verkauf). Da das deutsche Recht diese Leistungen nicht befreit, berief sich der Golfverein auf das Unionsrecht und das Finanzgericht gab ihm in I. Instanz Recht.

 

Mit Urteil vom Urteil BFH v. 21.4.2022 - V R 48/20 hat sich der BFH unter Änderung seiner Rechtsprechung (so ausdrücklich die BFH-Entscheidung!) dem EuGH-Urteil v. 10.12.2020 - C-488/18 angeschlossen. Bisher erkannte der BFH die unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL an (BFH v. 3.4.2008 - V R 74/07 zur Greenfee; v. 2.3.2011 - XI R 21/09 zu Golfeinzelunterricht; v. 16.10.2013 - XI R 34/11 zu Reitsportverein, und v. 20. 3.2014 - V R 4/13 zu Radsportverein), wodurch die genannten Leistungen umsatzsteuerfrei waren.

 

Nunmehr sind die Leistungen gegen gesondertes Entgelt umsatzsteuerbar. Denn Deutschland hat bei der engen Ausgestaltung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG von seinem Ermessenspielraum bei der Bestimmung der steuerfreien Dienstleistung Gebrauch gemacht.

 

Darüber hinaus ist § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG ist dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass eine „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ nur vorliegt, wenn das Vermögen der Einrichtung fortwährend der Verwirklichung des von ihr verfolgten Zwecks dient und nach ihrer Auflösung nicht auf ihre Mitglieder übertragen werden kann. Aufgrund dieser Auslegung wurde dem klagenden Golfverein auch die Umsatzsteuerfreiheit der Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Golfverein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte, aberkannt, obwohl diese grundsätzlich unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG gefallen wären.

Betriebskostenzuschüsse zum Betrieb von gemeindlichen Sportanlagen

Der klagende Sportverein nutzte eine gemeindliche Sportanlage unentgeltlich. Nach dem Nutzungsvertrag übernahm der Sportverein die Bewirtschaftung der gesamten Sportanlage. Die Gemeinde verpflichtete sich im Nutzungsvertrag dem Sportverein gegenüber, verschiedene pauschale Betriebskostenzuschüsse zu zahlen. Der Verein war nicht verpflichtet bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Zwischen dem Sportverein und dem Finanzamt war strittig, ob die Betriebskostenzuschüsse das Entgelt für Bewirtschaftungsleistungen oder ein nicht steuerbarer Zuschuss waren. Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamts, wonach der Sportverein steuerpflichtige Leistungen erbrachte.

 

Mit Urteil vom 18.11.2021 - V R 17/20 gab der BFH dem klagenden Sportverein Recht und entschied, dass der Sportverein keine entgeltliche Bewirtschaftungsleistungen an die Gemeinde erbracht hat. Die von der Gemeinde gezahlten Zuschüsse sind danach nicht umsatzsteuerbar.

 

Der BFH hat in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass Zahlungen für die Übernahme von Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags grundsätzlich im Rahmen eines Leistungsaustauschs erfolgen. Dem hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen.

 

Von diesem Grundsatz wird durch dieses Urteil eine Ausnahme formuliert: Der Zweck der Zahlung muss neben dem Vertrag hinreichend berücksichtigt werden. Zum einen erfolgte die Nutzungsüberlassung langfristig und zudem unentgeltlich. Zum anderen fehlte eine Verpflichtung des Klägers, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Es ging der Gemeinde daher gerade nicht darum konkrete Betreiberleistungen für sich zu beziehen, sondern den Sportverein zu fördern.

 

Die Entscheidung ist für Sportvereine erfreulich. Gleichwohl zeigt sie auch, dass es auf die Details ankommt. Wegweisend ist die Entscheidung aber auch über den Sportbereich hinaus, da der BFH klarstellt, dass allein ein gegenseitiger Vertrag noch nicht gegen einen nicht steuerbaren Zuschuss spricht.

Drohende Steuerpflicht bei Sportschulen

Nachdem bereits der EuGH die Steuerbefreiung für Leistungen einer Schwimmschule versagte, ist der BFH dem nun – zwangsläufig – gefolgt (Urt. v. 16.12.2021 – V R 31/21).

 

Bislang erkannte die Rechtsprechung die Steuerfreiheit an (BFH v. 24.1.2019 – V R 66/17 zu Tangounterricht; BFH v. 25.10.2018 – XI B 57/18 zu Aquafitness; BFH v. 28.5.2013 – XI R 35/11 zu Kampfsportschule), so dass es sich um eine Rechtsprechungsänderung handelt (so ausdrücklich die BFH-Entscheidung!) und Vertrauensschutzregelungen eingreifen dürften. Es steht zu hoffen, dass die Finanzverwaltung hierzu großzügige Übergangsregelungen schafft.

 

Für Sportschulen stellt sich nun die Frage, ob sie künftig die Steuerpflicht in Kauf nehmen müssen oder ob es andere Wege gibt, die Leistungen steuerfrei zu halten. In diesem Zusammenhang wird es auch auf die künftige Ausgestaltung des § 4 Nr. 22 UStG ankommen. Die Ampelkoalition hatte in Aussicht gestellt, gemeinnützige Bildungsangebote trotz der EuGH-Rechtsprechung steuerfrei zu halten.