Neuer Praxishinweis zur Beurteilung einer Unternehmens­planung

30.03.2017

Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) hat mit dem IDW Praxishinweis: „Beurteilung einer Unternehmensplanung bei Bewertung, Restrukturierungen, Due Diligence und Fairness Opinion“ (Veröffentlicht in Heft 3 von IDW Life) erstmals umfassende Anhaltspunkte gegeben, was bei einer Plausibilisierung der Planung für Bewertungs- und Restrukturierungszwecke zu beachten ist. Der IDW Praxishinweis fasst die Grundsätze für eine ordnungsgemäße Beurteilung einer Unternehmensplanung zusammen und erläutert, wie weit die Beurteilungshandlungen gehen sollten.

Vorbemerkungen

Wirtschaftsprüfer beschäftigen sich in unterschiedlichen Zusammenhängen mit Unternehmensplanungen, bspw. bei Unternehmensbewertungen, Restrukturierung, Due Diligence und Fairness Opinion. Mit Blick auf die mit einer Unternehmensplanung verbundenen Unsicherheiten der Planannahmen ist daher regelmäßig zu beurteilen, ob die der Unternehmensplanung zugrunde gelegten Prämissen plausibel, d.h. nachvollziehbar, konsistent und frei von Widersprüchen sind (vgl. Tz 1). Der Wirtschaftsprüfer kann indes keine Aussage darüber treffen, ob die ihm vorgelegte Planung richtig ist. Vielmehr bestehen Bandbreiten bei der Einschätzung von unsicheren künftigen Entwicklungen, sodass lediglich die Plausibilität einer Planung beurteilt werden kann (vgl. Tz. 4).

Im Rahmen der Plausibilitätsüberlegungen hat der Wirtschaftsprüfer zunächst zu beurteilen, ob das Planungsobjekt vollständig erfasst ist und ob die relevanten und zentralen künftigen Entwicklungen mit ihren Chancen und Risiken angemessen in der Planung berücksichtigt sind. Zudem hat er sich von der Aktualität der Planung zu überzeugen, ob alle relevanten und wesentlichen Ereignisse, Entscheidungen und Faktoren, die dem Planungsverantwortlichen zum Zeitpunkt der Planerstellung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, einbezogen sind. Ferner ist zu gewährleisten, dass die der Planung zugrunde gelegten Ausgangsdaten die Ausgangslage zutreffend beschreiben (vgl. Tz. 8 ff).

Die Beurteilung einer Planungsrechnung umfasst auch die Gewinnung eines Verständnisses vom Erstellungsprozess. Unternehmensplanungen dienen unterschiedlichen Zwecken. Die Darstellung des Erstellungsprozesses soll der Gewinnung des Verständnisses dienen, welche Zwecke mit der Planerstellung verfolgt werden. Damit verbunden ist die Kenntnis, welche Informationen und wessen Einschätzungen in der Unternehmensplanung Berücksichtigung gefunden haben. (vgl. Tz. 11).

Bei der Analyse des Planungsprozesses hat der Wirtschaftsprüfer zudem zu beurteilen, ob und inwieweit Teilpläne miteinander verknüpft sind und inwiefern dies im Planerstellungsprozess verankert ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der konsistenten Verknüpfung von Bilanz-, GuV- und Cashflow-Planungen untereinander, als auch für eventuell zusätzliche Teilpläne, wie bspw. Absatzplanung, Personalplanung, Kapazitätsplanung etc. Ist eine integrierte Planungsrechnung nicht vorhanden, kann es in Abhängigkeit vom Anlass erforderlich sein, dass die gesetzlichen Vertreter eine solche Planung erstellen oder die Erstellung in Auftrag geben (vgl. Tz. 13).

Plausibilitätsmaßstäbe

Als Maßstab für die Plausibilität werden zum einen die rechnerische und formelle Plausibilität, sowie die materielle, interne und materielle, externe Plausibilität genannt (vgl. Tz. 13).

Den ersten Schritt der Planungsanalyse stellt regelmäßig die Analyse der rechnerischen und formellen Plausibilität dar. In diesem Zusammenhang hat der Wirtschaftsprüfer die rechnerische Richtigkeit der Planung zu würdigen. Art und Umfang der erforderlichen Analysehandlungen hängen dabei insb. von der Komplexität, Formalisierung und technischen Ausgestaltung des Planungssystems ab. Bei komplexen Planungssystemen ist es vertretbar, die Würdigung der rechnerischen Richtigkeit auf konsolidierte Ergebnisse der Planung (Bilanz, GuV- und Cashflow-Planung) zu beschränken (vgl. Tz. 19f.). Im Rahmen der formellen Plausibilitätsanalyse sind die Annahmen hinsichtlich ihrer Konsistenz und die Nachvollziehbarkeit der Dokumentation zu würdigen. Dabei sollte die Beurteilung der Konsistenz auf Ebene der Teilpläne vorgenommen und gewürdigt werden. (vgl. Tz. 21).

Die Analyse der internen Plausibilität beinhaltet zum einen den Abgleich der Planung mit den Erläuterungen des Managements. Hierbei ist durch geeignete Analysehandlungen zu würdigen, ob die in der Planung verarbeiteten Prämissen mit den strategischen Vorstellungen und geplanten Maßnahmen des Managements übereinstimmen. Ferner ist im Rahmen der Analyse der materiellen internen Plausibilität ein Abgleich mit den Ergebnissen der Vergangenheits- und Lageanalyse des Unternehmens vorzunehmen. (vgl. Tz. 22 f). Ergänzend zur Analyse der historischen GuV- und Bilanzgrößen ist die Struktur und das Potential des Unternehmens zu untersuchen und die sich hieraus ergebenden Effekte zu würdigen.

Im Rahmen der Prüfung der externen Plausibilität werden Informationen über die vergangene und erwartete Entwicklung der bedeutsamen Absatz- und Beschaffungsmärkte für das betrachtete Unternehmen analysiert. Die Auswertung von Markt- und Branchenanalysen dient der Erarbeitung eines Vergleichsmaßstabs für die Beurteilung der Planungsannahmen. Bei der Marktanalyse sind vor allem gesamtwirtschaftliche, politische, gesellschaftliche und technologische sowie Branchen-Entwicklungen von Bedeutung. Insbesondere kann es sich anbieten, im Rahmen der Marktanalyse ergänzende Instrumente einzusetzen, um weitergehende Erkenntnisse zu erhalten. Hierzu zählen bspw. die Marktanteils-, Marktwachstums-, Produktlebenszyklus- oder die Branchenstrukturanalyse. Alle genannten Analysen sind dabei auf die einzelnen Elemente der Unternehmensplanung zu beziehen (vgl. Tz. 28ff).

Analyse der Bilanz-, GuV- und Cashflow-Posten

Im Praxishinweis werden zudem exemplarische Instrumente zur Analyse von Bilanz, GuV und Cashflow-Rechnung dargestellt, wobei allgemeine, ausgewählte Posten beleuchtet werden. Diese sind in der Praxis branchenspezifisch anzupassen und ggf. zu erweitern.

Bei der Analyse der Bilanz-Posten können die im Rahmen der Vergangenheitsanalyse aus der Bilanzanalyse gewonnenen Kennzahlen und deren Entwicklung im Zeitablauf der Beurteilung der Plausibilität der geplanten Bilanzposten dienen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Bilanzposten Stichtagswerte sind, die ggf. keinen repräsentativen Wert für das Geschäftsjahr insgesamt darstellen (bspw. aufgrund unterjähriger Schwankungen im Working Capital). Zudem können die Bilanzwerte im Zeitablauf durch bilanzpolitische Maßnahmen verzerrt sein (bspw. Veränderung der Bewertungsparameter für die Rückstellungs- und Vorratsbewertung) (vgl. Tz. 38 ff).

Im Rahmen der Analyse GuV-Posten werden insbesondere die Umsatzerlöse hervorgehoben. Bei der Analyse der geplanten Umsatzentwicklung bietet es sich – sofern vorhanden – an, diese nach dem Mengen- und Preisgerüst aufzuteilen und zu beurteilen. Die Umsatzanalyse sollte für die wichtigsten Produkt- und Kundengruppen sowie Absatzmärkte vorgenommen werden. Hierbei ist auch die technologische Entwicklung des Unternehmens und der Wettbewerber zu berücksichtigen. Auf Basis dieser Analysen sind dann die einzelnen Maßnahmen zur Zielerreichung kritisch zu würdigen. So wird bspw. bei einer geplanten Umsatzsteigerung oberhalb der durchschnittlichen Markterwartung implizit eine Verdrängung der Wettbewerber angenommen. Hierzu sind i.d.R. besondere Maßnahmen erforderlich, die vom Management zu erläutern sind. Für die Analyse der weiteren geplanten Aufwands- und Ertragsposten können insbesondere in der Vergangenheit erzielte Kosten- und Ergebnis-Margen herangezogen werden. Insbesondere die GuV-Posten, die einen direkten Bezug zur Bilanz haben, sind mit der Bilanz-Planung abzustimmen (vgl. Tz. 42 ff).

Bei der Cashflow-Rechnung empfiehlt es sich, den entstandenen Zahlungsmittelfluss in seine einzelnen Komponenten (Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, Cashflow aus der Investitionstätigkeit, Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit) zu zerlegen und die Plausibilitätsbeurteilung auf Ebene der Komponenten durchzuführen.

Anlassbezogene Besonderheiten

Im letzten Teil des Praxishinweises werden Besonderheiten dargestellt, die sich in Abhängigkeit des Planungsanlasses (Unternehmensbewertung, Restrukturierung, Due Diligence, Fairness Opinion) ergeben (vgl. Tz. 51ff).

Benjamin Ballhorn

Jan König