Neues zur Umsatzsteuerbefreiung im Non-Profit-Sektor

04.06.2019

Das Bundesfinanzministerium hat am 8. Mai 2019 den Entwurf eines Jahressteuergesetz 2019 (JStG 2019) vorgelegt. Der „Entwurf eines Gesetzes über die weitere steuerliche Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ sieht Änderungen bei den für den Non-Profit-Sektor wichtigen Vorschriften zur Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 14, 18, 21, 22, 23 und 25 UStG) vor sowie eine neue Vorschrift zu steuerbefreiten Kooperationen (§ 4 Nr. 29 neu). Das Gesetz soll voraussichtlich im Herbst 2019 beschlossen werden. Die Änderungen wären dann ab 2020 anzuwenden.

 

Zu den wesentlichen Änderungsvorschlägen zählen die folgenden:

Befreiungsvorschrift für den Krankenhaussektor

Bei der Befreiungsvorschrift für den Krankenhaussektor (§ 4 Nr. 14 UStG) wird lediglich die Regelung über besondere Versorgungsformen an die Änderungen im SGB V (§§ 73b, 119b, 140a SGB V) angepasst und dabei geringfügig erweitert. Was jedoch fehlt, ist eine Anpassung der Steuerbefreiung für Krankenhäuser an die BFH-Rechtsprechung aus den Jahren 2014 und 2015; danach verstößt die Vorschrift aufgrund der Bindung der Befreiung an den Krankenhausplan gegen EU-Recht. Dies ist bedauerlich, da dies in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten und Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung führt.

Umsatzsteuerbefreiung für Wohlfahrtsverbände

Völlig neu gefasst wird im Entwurf des JStG 2019 die Steuerbefreiung für Wohlfahrtsverbände (§ 4 Nr. 18 UStG). Künftig spielt es keine Rolle mehr, ob eine Wohlfahrteinrichtung in einem der gesetzlich aufgeführten Verbände (Diakonie, Caritas, DRK, Paritätischer Wohlfahrtsverband usw.) organisiert ist. Entscheidend ist nur, dass eine Leistung im Bereich der Sozialfürsorge erbracht wird. Damit sind bspw. Leistungen im Naturschutzbereich künftig umsatzsteuerpflichtig.

 

Zudem sollen im Bereich der Sozialfürsorge speziellere Befreiungsvorschriften wie z.B. die für Krankenhäuser, Pflegeheime oder Jugendpflege vorrangig sein, um eine Gleichbehandlung mit nicht-gemeinnützigen Einrichtungen zu erreichen. Der Anwendungsbereich wird damit erheblich eingeschränkt (z.B. Essen auf Rädern) und betrifft im Kern nur noch die Unterstützung für wirtschaftlich Hilfsbedürftige.

 

Die Befreiung ist darüber hinaus davon abhängig, dass keine Gewinnerzielungsabsicht besteht und etwaig doch anfallende Gewinne in dem steuerbefreiten Bereich reinvestiert werden. Dies stellt neben der ohnehin schon komplexen Regelung der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Ertragsteuerbefreiung (§ 66 AO) eine zusätzliche bürokratische Hürde auf. Außerdem bleiben viele Punkte offen, wie z.B. die Abgrenzung von „Einrichtungen“.

Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen

Bei der Befreiung von Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 und 22a UStG) ist im JStG 2019 vorgesehen, die Unterscheidung zwischen Kursen und Vorträgen aufzugeben und § 4 Nr. 22a in die neue Nr. 21 zu integrieren. Darüber hinaus entfällt die Bescheinigung seitens der Kultusbehörden über die Anerkennung der Kurse und Studiengänge. Künftig sind Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulungen steuerbefreit. Diese Begriffe werden im Gesetz definiert. Ausgeschlossen ist die Befreiung bei rein freizeitorientierten Angeboten.

 

Besondere Anforderungen stellt der Entwurf an die leistende Einrichtung. Diese muss eine mit einer öffentlich-rechtlichen Bildungseinrichtung vergleichbare Zielrichtung verfolgen und insgesamt auf Bildungsleistungen ausgerichtet sein. Bei Umschulungen verlangt der Entwurf des JStG 2019, dass die Einrichtung keine systematische Gewinnerzielung anstrebt und gleichwohl anfallende Gewinne reinvestiert.

 

Unklar bleibt, ob selbstständige Dozenten steuerbefreit sind. Während das Gesetz dazu (anders als bisher) schweigt, ist in der Gesetzesbegründung die Befreiung vorgesehen.

Umsatzsteuerbefreiung für die Kindererziehung und Betreuung bzw. Verpflegung von Kindern, Jugendlichen und Studenten

Mit Blick auf die Kindererziehung und Betreuung bzw. Verpflegung von Kindern, Jugendlichen und Studenten (§ 4 Nr. 23 UStG) wird im Entwurf des JStG 2019 unterschieden zwischen Kindererziehung, Kinder- und Jugendbetreuung sowie Verpflegungsleistungen für Schüler und Studenten.

 

Die Kindererziehung ist steuerbefreit, soweit eine öffentliche oder privaten Einrichtungen sie ohne Gewinnstreben erbringt. Bei der Kinder- und Jugendbetreuung kommt es dagegen darauf an, ob eine öffentliche Einrichtung vorliegt oder eine private, die aufgrund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig wird oder aber überwiegend durch öffentliche Einrichtungen finanziert wird.

 

Bei den Verpflegungsleistungen für Schüler und Studenten kommt es darauf an, dass diese an bestimmten Schulen oder Hochschulen sind und zudem darauf, dass eine öffentliche Einrichtung oder durch eine private Einrichtung ohne Gewinnstreben die Leistung erbringt. Auch hier gilt ein Vorrang speziellerer Befreiungsvorschriften, so dass sich die Spielregeln auch insoweit ändern können.

 

Bei der Befreiung für Leistungen im Bereich der Jugendhilfe (§ 4 Nr. 25 UStG) werden Leistungen bezüglich der Adoptionsvermittlung neu aufgenommen. Die persönliche Befreiung für amtlich anerkannte Wohlfahrtsverbände entfällt.

Steuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften

Völlig neu – und in jeder Hinsicht zu begrüßen – ist die Steuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften (§ 4 Nr. 29 UStG), durch die steuerbegünstigte Einrichtungen ohne Umsatzsteuerbelastung miteinander kooperieren können. Die Leistungen muss ein Zusammenschluss von bestimmten steuerfreien oder hoheitlichen Einrichtungen erbringen. Begünstigt sind Einrichtungen, die nach § 4 Nr. 14-18, 20-25 oder 27 UStG steuerbefreit sind sowie öffentlich-rechtliche Einrichtungen.

 

Die Leistung des Zusammenschlusses muss unmittelbar den begünstigten Zwecken der Mitglieder dienen und darf nur gegen Kostenerstattung erfolgen. Zudem darf die Befreiung nicht wettbewerbsverzerrend wirken, wobei die Steuerbefreiung dafür aber alleine nicht maßgeblich ist. Der EuGH hatte bereits 2017 angemahnt, dass Deutschland diese Befreiung endlich allgemein einführen müsste. Bisher galt sie nur im Gesundheitsbereich. Die dortige Vorschrift (§ 4 Nr. 14d UStG) geht nun in der neuen Nr. 29 auf. Nicht begünstigt sind nach dem Entwurf des JStG 2019 direkte Leistungen zwischen zwei oder mehr steuerbegünstigten Einrichtungen. Dies kann sich wie bisher nur aus den jeweils einschlägigen Steuerbefreiungsvorschriften ergeben.

Keine Regelungen zur Umsatzsteuerbefreiung für Sportvereine und Berufsverbände, Gewerkschaften und Parteien

Was im JStG 2019 fehlt, sind Regelungen zur Umsatzsteuerbefreiung für Sportvereine und Berufsverbände, Gewerkschaften und Parteien. Die Finanzverwaltung behandelt wohl die meisten davon bislang als bereits nicht steuerbar und sieht wohl daher keine Steuerbefreiung vor. Die Rechtsprechung geht allerdings bei Sportvereinen in vielen Fällen und bei Berufsverbänden in einigen Fällen davon aus, dass diese umsatzsteuerbar sein können. Ohne die im EU-Recht vorgesehene Steuerbefreiung würde die Anwendung der Rechtsprechung in vielen Fällen zur Steuerpflicht führen, was z.B. für die Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs bei Investitionen genutzt werden kann.