Steuerbegünstigungen für ausländische NPOs in Deutschland

31.01.2022 | FGS Blog

In unserer neuen Blog-Reihe befassen wir uns damit, wie ausländische und international tätige Non-Profit-Organisationen (NPOs) nach aktueller Rechtslage von den zahlreichen steuerlichen Privilegien für NPOs in Deutschland profitieren können.

In diesem ersten Teil wird näher beleuchtet, wann ausländische NPOs in Deutschland als gemeinnützig anerkannt werden können. Zu den Privilegien für anerkannte gemeinnützige NPOs gehört die ertragsteuerliche Befreiung für Einkünfte des ideellen Bereichs (z.B. Spenden), Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und Gewinne aus Zweckbetrieben (z.B. Krankenhausbetriebe). Außerdem werden Zuwendungen an NPOs von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit und auf bestimmte Umsätze der ermäßigte Umsatzsteuersatz gewährt. Schließlich motiviert der Spendenabzug Privatpersonen und Unternehmen zu Spenden.

Anerkennung ausländischer NPOs

Unter bestimmten Voraussetzungen können ausländische NPOs (ohne Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland) in den Genuss der deutschen Steuerprivilegien für NPOs kommen. Dies ist vor allem interessant, wenn sie in Deutschland Einkünfte erzielen. Außerdem ist es für anerkannte NPOs deutlich einfacher, in Deutschland Spenden einzusammeln (siehe zum Teil 2 unserer Blog-Reihe). Schließlich sind Zuwendungen deutscher NPOs an ausländische NPOs in bestimmten Fällen nur dann zulässig, wenn die ausländische NPO ihrerseits anerkannt ist (siehe Teil 3 unserer Blog-Reihe).

Vorbehaltlich besonderer DBA-Regelungen können nur NPOs mit Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU oder des EWR („europäische NPOs“) die Steuerprivilegien nutzen. Voraussetzung ist, dass sie in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Hauptanwendungsfälle sind Einkünfte aus in Deutschland belegenem Immobilienbesitz oder Gewinnausschüttungen von in Deutschland ansässigen Gesellschaften. Darüber hinaus müssen die ausländischen NPOs die Anforderungen nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht erfüllen. Zwar sind die Kriterien für Steuerbegünstigungen zugunsten von NPOs in vielen Ländern ähnlich geregelt (Fremdnützigkeit, Mittelbindung, Gewinnausschüttungsverbot etc.). Gleichwohl erkennt das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht im Ausland anerkannte NPOs nicht automatisch an. Vielmehr müssen sie die gleichen strengen Voraussetzungen erfüllen wie NPOs mit steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland („deutsche NPOs“).

Die Anforderungen nach deutschem Gemeinnützigkeitsrecht

Nach deutschem Gemeinnützigkeitsrecht müssen sowohl die Satzung als auch die tatsächliche Geschäftsführung gemeinnützigkeitskonform ausgestaltet sein. NPOs müssen selbstlos tätig sein, sowie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke aus dem Katalog der deutschen Abgabenordnung verfolgen. Mitglieder oder Gesellschafter dürfen weder Zuwendungen noch unverhältnismäßig hohe Vergütungen erhalten. Zudem muss in der Satzung abgesichert sein, dass die Mittel der NPO dauerhaft für die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke gebunden sind (Vermögensbindungsklausel).

Gemeinnützig können in Deutschland außerdem nur Körperschaften, insbesondere Vereine, Stiftungen und Kapitalgesellschaften, nicht aber Personengesellschaften, sein. Europäische NPOs können nur anerkannt werden, wenn sie strukturell einer Körperschaft nach deutschem Recht entsprechen (Typenvergleich).

Gesonderte Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen

Europäische NPOs, die in Deutschland Einkünfte erzielen, können die satzungsmäßige Gemeinnützigkeit wie deutsche NPOs vom deutschen Finanzamt gesondert feststellen lassen (§ 60a AO). Diese Feststellung enthält zugleich eine Indizwirkung dafür, dass die NPO strukturell einer Körperschaft nach deutschem Recht entspricht.

Die deutsche Mustersatzung

Von zentraler Bedeutung ist, dass die Satzung der NPO die in der offiziellen Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthält. Die Finanzverwaltung erwartet eine nahezu wörtliche Übernahme der Mustersatzung. Dies können ausländische Körperschaften schon wegen der rechtlichen Vorgaben in ihrem Ansässigkeitsstaat vielfach nicht erfüllen. Für europäische NPOs hat die Rechtsprechung zuletzt gewisse Erleichterungen gebracht (Nds. FG, 4.5.2020 – 6 K 53/18; Revision anhängig V R 15/20). Das Gericht hat festgestellt, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung oder eine Satzung mit abweichenden Formulierungen genügen könne. Inhaltlich müssten aber alle Regelungen enthalten sein.

Im entschiedenen Fall hatte eine österreichische Stiftung geklagt. Das Finanzamt hatte die Gemeinnützigkeit unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass die Satzung die Selbstlosigkeit nicht wie die Mustersatzung definiere. Dem Finanzgericht genügte dagegen eine ähnliche Formulierung. An dem aufgegriffenen Fall wird deutlich, wie streng die Finanzverwaltung den Satzungstext anhand der Mustersatzung prüft. Zugleich ist auch diese Entscheidung noch sehr stark von einem engen nationalen Denken geprägt. Eine Anerkennung ist nach wie vor für europäische NPOs nur schwer erreichbar.

Schwierig wird es vor allem bei nichtdeutschsprachigen Satzungen und abweichenden innerstaatlichen Anerkennungskriterien. In der Praxis bereitet häufig die Vermögensbindung entsprechend der Mustersatzung Probleme. Denn die Mustersatzung fordert für den Fall der Beendigung der Gemeinnützigkeit, dass das Vermögen an eine Organisation fällt, die es weiterhin für steuerbegünstigte Zwecke nach deutschen Vorstellungen verwendet.

Ein Beschluss des BFH vom 24. März 2021 (V R 35/18) macht aber Hoffnung auf eine künftig liberalere Sichtweise der Finanzverwaltung. Danach kann es ausreiche, wenn die (auch historische) Auslegung einer ausländischen Satzung hinreichende Anhaltspunkte gibt, dass die Zwecke der NPO ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden, auch wenn diese Begriffe nicht ausdrücklich verwendet werden. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Vorinstanz die Statuten und Gründungsurkunden (aus dem Jahr 1555!) eines englischen Universitäts-Colleges entsprechend ausgelegt. Die fehlende Vermögenbindungsklausel war dabei allerdings nur aufgrund einer Ausnahmeregelung nach alter Rechtslage unschädlich, die heute nicht mehr existiert.

Inlandsbezug der NPO-Tätigkeit

Fördert eine europäische NPO ihre Zwecke nur im Ausland, ist wie bei deutschen NPOs zusätzlich ein Inlandsbezug erforderlich. Diesen kann sie dadurch erfüllen, dass ihre Tätigkeit in Deutschland lebenden Personen oder Deutschen im Ausland zugutekommt. Ausreichend ist zudem, dass die Tätigkeit zum Ansehen Deutschlands im Ausland beitragen kann. Bei deutschen NPOs wird dies auch bei ausschließlicher Tätigkeit im Ausland vermutet (Indizwirkung). Bei europäischen NPOs muss dies dagegen positiv festgestellt werden, was aber in der Regel gelingt (BFH vom 22. März 2018 – X R 5/16). Im Gegensatz zu anderen Ländern, die die Steuerbefreiung mitunter an die Förderung im Inland knüpfen, hat Deutschland die Regelung zum Inlandsbezug im internationalen Vergleich relativ liberal ausgestaltet.

NPOs aus Drittstaaten

NPOs aus Drittstaaten haben derzeit keine Möglichkeit, von den steuerlichen Begünstigungen für NPOs in Deutschland zu profitieren. Ihnen bleibt nur, in Deutschland eine eigene NPO zu gründen, die nach Anerkennung von den steuerlichen Begünstigungen profitieren kann (zur Möglichkeit, Spenden aus Deutschland zu erhalten Siehe Teil 2 unserer Blog-Reihe).

Handlungsempfehlung

Ausländische NPOs mit inländischen Einkünften, die von der Ertragsteuer befreit werden möchten, sollten ihre Satzung beziehungsweise deren Entwurf prüfen lassen. Hier kommt es entscheidend darauf an, dass diese mit der deutschen Mustersatzung vergleichbar ist. Eine solche Satzung, die die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben zweier Länder zu berücksichtigen hat, sollte in enger Abstimmung mit fachkundigen BeraterInnen aus beiden Ländern erstellt beziehungsweise angepasst werden. In der Regel führt außerdem kein Weg daran vorbei, die Satzung vorab mit der Finanzverwaltung abzustimmen.

Um in den Genuss der Steuerbefreiungen zu kommen, können ausländische NPOs auch über die Gründung eigener deutscher Strukturen (z.B. Tochtergesellschaft) nachdenken. Für NPOs aus Drittstaaten stellt dies derzeit die einzige Möglichkeit dar, um in Deutschland steuerfreie Einnahmen zu erzielen.

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