Am 28. März 2022 hat die Biden Administration ihr „Greenbook“ für 2023 veröffentlicht. Darin enthalten sind umfangreiche Vorschläge zur Reformierung der Unternehmensbesteuerung in den USA. Die Vorschläge entsprechen in Teilen den ambitionierten Änderungsvorhaben des letztjährigen Greenbooks. Diese wurden auf ihrem Weg zum ersten Gesetzesentwurf im Oktober 2021 aber abgeschwächt oder fallen gelassen, bevor schließlich der gesamte Gesetzentwurf am Widerstand zweier demokratischer Senatoren scheiterte. Die beiden Abweichler aus den eigenen Reihen (Joe Manchin, West Virginia und Kyrsten Sinema, Arizona), hatten jedoch zuletzt Offenheit für neue Gespräche signalisiert.

 

Die wichtigsten im Neuanlauf vorgesehenen Gesetzesänderungen für den Bereich der Unternehmensbesteuerung werden nachstehend überblicksartig dargestellt.

Anhebung des Körperschaftsteuersatzes

Das Greenbook 2023 sieht eine Anhebung des einheitlichen Körperschaftsteuertarifs der Federal Corporate Income Tax auf 28 % vor. Dies ist eine ehrgeizige Rolle rückwärts. Denn die Tariferhöhung war zwar schon im „Made in America Tax Plan“ aus 2021 enthalten, hatte jedoch keinen Eingang in den Gesetzesentwurf aus Oktober 2021 gefunden. Wohl auch aus Marketinggründen wird nun für die Tariferhöhung angeführt, dass sie auch viele ausländische Investoren trifft, die bei Repatriierung ihrer Gewinne aus den USA häufig keine US-Steuern für ihre Kapitaleinkünfte entrichten müssen.

 

Die Steuersatzänderung soll ab dem 1. Januar 2023 gelten. Für Unternehmen mit abweichenden Wirtschaftsjahren soll für 2022/2023 dabei ein Mischsteuersatz berechnet werden (= 21 % + 7%×Anteil der Monate im 2023 an der Gesamtzahl der Monate im Wirtschaftsjahr).

Folgeänderung der Vorschriften zum GILTI

Die im Greenbook 2023 angesprochenen Anpassungen der Vorschriften zum sogenannten GILTI („global intangible low taxed income“) sollen sich an den Regelungen orientieren, die im Gesetzesentwurf aus 2021 enthalten waren. Konkret herausgestellt werden dabei nur zwei Aspekte:

  1. Das sogenannte „country blending“ soll abgeschafft werden. Stattdessen soll es in Übereinstimmung mit den Plänen der OECD bzgl. Pillar-II zu einer jurisdiction-by- jurisdiction-Betrachtung kommen. Bei der Ermittlung der steuerlichen Vorbelastung von Auslandsgewinnen soll also jede Tochtergesellschaft isoliert betrachtet werden.
  2. Die effektive Besteuerung der GILTI-Einkünfte würde bei Anwendung des angedachten Tarifs von 28% zukünftig etwa 20 % betragen (bisher: 10,5 %). Dies ergibt sich dadurch, dass ab dem 1. Januar 2023 nicht mehr 50 % sondern nur noch 28,5 % des GILTI bei der Einkommensermittlung gekürzt werden sollen.

Abschaffung der BEAT und Einführung einer „Undertaxed Profits Rule“

Der Gesetzesentwurf aus Oktober 2021 sah eine (bloße) Modifikation der BEAT („base erosion and anti-abuse tax“) vor, durch die eine Annäherung an die Undertaxed Payments Rule des GloBE-Projekts erreicht werden sollte. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung der Model Rules zu Pillar-II durch das Inclusive Framework der OECD/G20 im Dezember 2021 soll die BEAT nun aber doch abgeschafft werden – wie schon im letztjährigen Greenbook vorgesehen.

 

Als Ersatz soll es zur Einführung einer „Undertaxed Profits Rule“ kommen („UTPR“). Während der Begriff im Singular verwendet wird, ist diesbezüglich ein umfassendes Werk vieler komplexer Regelungen zu erwarten. Folgende Einblicke gibt das Greenbook 2023 bereits:

– Persönlicher Anwendungsbereich

Der persönliche Anwendungsbereich der UTPR soll sich auf Unternehmensgruppen beschränken, deren Muttergesellschaft im Ausland ansässig ist und die gleichzeitig (auch) in Niedrigsteuerländern aktiv sind. Ferner soll der Anwendungsbereich auf Unternehmensgruppen beschränkt werden, die weltweit einen Umsatz >= 850 Mio. $ in mindestens zwei der vorhergehenden vier Jahre erwirtschaftet haben. Weitere De-Minimis-Regeln sind vorgesehen.

– Sachlicher Anwendungsbereich

Sachlich soll die UTPR nur für solche Gewinne einer Unternehmensgruppe zur Anwendung kommen, die einer effektiven Steuerbelastung von weniger als 15 % unterlegen haben. Die Ermittlung der effektiven Steuerbelastung soll dabei getrennt für die einzelnen Ländern erfolgen, in denen die jeweilige Unternehmensgruppe tätig ist. In Übereinstimmung mit den Model Rules der OECD soll dabei eine fingierte Routinerendite der ausländischen Einheiten im Ergebnis unberücksichtigt bleiben. Letztere beträgt dabei 5% der Summe aus Lohnkosten und Buchwert der Sachanlagen in der jeweiligen Jurisdiktion.

– Rechtsfolge: Erhebung einer Top-Up Tax

Gewinne, für die das Mindestbesteuerungserfordernis nicht erfüllt ist, sollen durch die UTPR in den USA nachbesteuert werden. Technisch wird dies dadurch erreicht, dass (irgendwelche) Betriebsausgaben in den USA nicht zum Abzug zugelassen werden. Der Betrag der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben wird dabei so bestimmt, dass die sich ergebende Mehrsteuerbelastung der sog. „Top-Up Tax“ entspricht, die im Ausland nacherhoben werden müsste, um das Mindeststeuerniveau von 15 % zu erreichen. Übersteigt der so ermittelte Betrag nichtabzugsfähiger Aufwendungen den Gesamtbetrag verfügbarer (sonst abziehbarer) Aufwendungen, soll der Differenzbetrag in spätere Jahre vorgetragen werden.

– Koordinierung der US-Regeln mit ausländischen UTPRs

Um die geplante UTPR auf entsprechende (qualifizierte) Regeln ausländischer Staaten abzustimmen, wollen die USA ihre Top-Up Tax nach Vorbild der Model Rules der OECD beschränken. Dies erfolgt in der Weise, dass die Berechtigung zur Erhebung einer Top-Up Tax innerhalb einer Unternehmensgruppe nach einem festgelegten Schlüssel zu bestimmen sein soll. Der Schlüssel ermittelt sich zu 50 % nach dem Verhältnis der Arbeitnehmeranzahl der betrachteten US-Einheit und zu 50 % nach dem Verhältnis des Buchwerts der Sachanlagen der US-Einheit zu den jeweiligen Gruppenwerten.

– Zusätzlich: Abwehrmechanismus für inländische Gewinne

Ferner ist die Installation einer lokalen Zusatzsteuer geplant. Diese soll verhindern, dass in den USA erzielte Gewinne im Ausland einer Nachversteuerung durch eine Top-Up Tax unterliegen. Die Zusatzsteuer soll (nur) in Höhe des positiven Differenzbetrags zwischen einer gedachten 15 %-Steuer auf alle US-Einkünfte der Gruppe und der tatsächlichen Steuerbelastung für diese Einkünfte erhoben werden.

Domestic Investment Credit & Offshoring Tax Penalty

Das Greenbook 2023 nimmt auch ein Straf-/Belohnungssystem wieder auf, das bereits im Made in America Tax Plan enthalten war: Unternehmen, die Tätigkeiten und Funktionen in die USA verlagern und damit nachweislich neue Arbeitsplätze schaffen, sollen mit einem erhöhten Betriebsausgabenabzug belohnt werden. Dieser soll 10 % der „eligible expenses“ betragen. Letztere stellen Ausgaben oder Aufwendungen dar, die im Zusammenhang mit der Erweiterung von US-Inlandsaktivitäten stehen. Die entsprechen Kosten müssen dabei nicht durch einen US-Steuerpflichtigen getragen werden, sondern können beispielsweise auch auf Ebene einer ausländischen Tochtergesellschaft anfallen (z.B. für die Schließung einer dortigen Fabrik zugunsten einer Neueröffnung in den USA).

 

Als Gegenstück hierzu sollen Aufwendungen für die Verlagerung von Tätigkeiten und Funktionen aus den USA ins Ausland steuerlich zukünftig nicht abzugsfähig sein, wenn es dadurch zu einem Abbau von Arbeitsplätzen in den USA kommt.

Ausblick

Obwohl im Greenbook 2023 nicht angesprochen, ist zu erwarten, dass auch eine Vielzahl anderer Ideen, die im letzten Jahr diskutiert wurden, im Laufe des Jahres wieder zum Leben erweckt werden dürften. Hierzu gehören u.a. die Abschaffung der Regelungen zum FDII, die (Wieder-)Einführung einer Minimum Tax, die Verschärfung der Zinsschrankenvorschriften sowie eine Erweiterung der Anti-Inversion Rules. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.