Vergütung von Urhebern für Privatkopie in der Cloud erforderlich

05.04.2022 | FGS Blog

Einführung

Leistungen von Musikern, Autoren, Filmschaffenden etc. sind in Europa durch das Urheberrecht geschützt. Die Künstler verdienen ihren Lebensunterhalt zunächst einmal durch ihre Gage. Der Wert ihrer Leistung ist allerdings nur gesichert, wenn nicht jeder andere ihre Performance übernehmen kann. Auf der anderen Seite kann eine Privatperson nicht für jede Kopie eines Werkes die Erlaubnis des Urhebers einholen. Als Kompromiss sind solche sog. Privatkopien unter bestimmten Umständen erlaubt. Da eine finanzielle Kompensation der Privatkopien nicht für jeden Einzelfall einer Kopie bzw. eines geschützten Werks erfolgen kann, werden in Deutschland Urheberrechtsabgaben auf Geräte und Medien verlangt. Durch Ausschüttungen werden die Abgaben dann auf die Urheber verteilt.

 

Ob und inwieweit auch Cloud-Anbieter eine Abgabe zahlen sollten, ist umstritten. Aus diesem Grund hatte das OLG Wien dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

 

Der EuGH hat daraufhin geurteilt, dass eine urheberrechtliche Abgabe für Cloud-Anbieter möglich ist. Die Kompensation der Urheber könne sich aber auch aus einem bestehenden Abgabe-System ergeben. In Deutschland existiert beispielsweise eine Abgabe für Hersteller und Importeure von Speichermedien. Wie das Urteil in Österreich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

EuGH-Urteil in Sachen AustroMechana ./. Strato AG

Am 24. März 2022 hat der Europäische Gerichtshof den Rechtsstreit (C-433/20) zwischen der österreichischen Verwertungsgesellschaft Austro-Mechana und dem deutschen Cloud-Anbieter Strato AG entschieden. Auch Privatkopien, die in der Cloud abgelegt werden, fallen demnach unter die Privatkopierfreiheit (§ 53 UrhG). Die zugrunde liegende Richtlinie, welche urheberrechtliche Regelungen in der EU harmonisiert, erlaubt eine Privatkopie allerdings nur, wenn die Urheber (Künstler, Musiker etc.) als Ausgleich für ihren Schaden einen „gerechten Ausgleich“ erhalten (Art. 5 Abs. 2 lit. b) InfoSoc-Richtlinie).

Gerechter Ausgleich durch Abgaben von Unternehmen

Grundsätzlich ist ein Ausgleich durch die Endnutzer zu tragen, welche die Privatkopie herstellen. Hierfür ist der Staat zuständig, in dem die Nutzer wohnen (hier also auch Österreich). Da es schwierig ist, die privaten Nutzer zu identifizieren, kann auch ein Abgabesystem eingeführt werden: Die Unternehmen zahlen eine Abgabe. Sie kann dann an den Nutzer (durch höhere Verkaufspreise) weitergegeben werden.

Bislang keine explizite gesetzliche Cloud-Abgabe

Für das Anbieten einer Cloud gibt es in Deutschland bisher keine unmittelbar einschlägige Abgabe. Es greift die Abgabe für Hersteller und Importeure von Geräten und Speichermedien (§ 54 und § 54b UrhG). Beim Erwerb des Servers durch die Strato AG wurde eine Abgabe durch den Cloud-Anbieter getragen. Auch den Endnutzer in Deutschland treffen indirekt solche Abgaben, nämlich beim Kauf von Computer, Mobiltelefon und Tablet.

 

In Österreich gibt es (allein) eine Speichermedienvergütung für „Speichermedien jeglicher Art“ (§ 42b öUrhG), worüber der EuGH zu befinden hatte.

EuGH: Abgabesystem muss sich am Schaden für den Urheber orientieren

Der EuGH entschied, dass das nationale Recht einen gerechten Ausgleich vorsehen müsse. Eine Cloud-Abgabe ist demnach möglich. Die nationalen Gesetzgeber entscheiden über die Ausgestaltung der Abgabe. Diese hat sich am Schaden zu orientieren, der dem Urheber entsteht.  Sie soll allerdings auch nicht darüber hinaus gehen. Inwiefern das nationale Abgabesystem zu ändern ist, haben nun die österreichischen Gerichte zu prüfen.

Missverständnis des EuGHs hinsichtlich der Nutzung der Cloud allein für „Sicherungskopien“?

Der Hinweis des EuGHs, dass eine Abgabe nicht zu einer Überkompensation führen dürfe, ist verwunderlich, denn dieser selbst spricht an, dass aus der Cloud eine Vielzahl von (Privat-)Kopien möglich sind. Unklar bleibt, ob die Entscheidung darauf fußt, dass der EuGH von „Sicherungskopien“ in der Cloud ausgeht. In der Lebenswirklichkeit der Nutzer dürften hingegen vielmehr urheberrechtlich geschützte Werke in der Cloud dazu dienen, diese an jedem Ort zu jeder Zeit nutzen zu können. Das vorlegende OLG Wien hatte jedenfalls seine Vorlagefragen nie auf „Sicherungskopien“ bezogen.

Wirtschaftliche Betrachtung der bisherigen Abgabesysteme

Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich bei den derzeitigen (Hersteller-)Abgaben um kleine Beträge handelt. Ziel der AustroMechana war es, eine Vergütung für den Speicherplatz in der Cloud selbst durchzusetzen. Eine solche Abgabe kann beispielsweise als regelmäßige Abgabe ausgestaltet werden, die auf Basis des genutzten Speichervolumens berechnet wird.

Ausblick

Die Entscheidung sollte nun von den nationalen Gesetzgebern zum Anlass genommen werden, die Einführung einer Cloud-Abgabe oder Änderung bestehender Systeme zu prüfen. In manchen Mitgliedstaaten der EU, z.B. Niederlande, gibt es eine Abgabe für die Cloud schon.

 

Sollte es nicht zu einer gesetzlichen Regelung kommen, bleibt für Künstler und Musiker zu erwarten, dass die Entscheidung mindestens eine Erhöhung bestehender Speichermedien-Abgaben bewirkt. Dadurch würde berücksichtiget, dass die Leistung bspw. eines Mobiltelefons nicht mehr nur auf dem internen Speicher basiert, sondern eben auch eine Vielzahl von Privatkopien über die Cloud ermöglicht.