Am 9./10. Juli 2021 haben in Venedig die Finanzminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, der G20, das Rahmenwerk für eine globale effektive Mindestbesteuerung beschlossen. Hierdurch soll dem internationalen Steuerwettbewerb um die geringsten Steuern ein Ende gesetzt werden. Am 8. Oktober 2021 hat die OECD weitere Einzelheiten und die nächsten Schritte dieser Mindestbesteuerung bekannt gegeben. Der internationalen Einigung haben sich mittlerweile 136 Staaten angeschlossen. Konzerne, die in den Anwendungsbereich der globalen Mindestbesteuerung fallen, sollten sich spätestens jetzt auf eine höhere und komplexere Besteuerung vorbereiten.

Grundprinzip der globalen Mindestbesteuerung

Das Grundprinzip der neuen globalen Mindestbesteuerung kann wie folgt zusammenfasst werden: Die internationale Staatengemeinschaft hat sich auf ein weltweit gültiges Mindestniveau der Besteuerung von 15% geeinigt. Es wird zwar keinem Staat vorgeschrieben, dass dieser Steuersatz in seinem Land mindestens gelten soll. Allerdings sollen Staaten, wie z.B. Deutschland, die Möglichkeit erhalten, auf die Steuersätze anderer Staaten von unter 15% reagieren zu können. Dies soll entweder durch die Nachversteuerung der im Ausland niedrig besteuerten Gewinne auf Ebene der (z.B. deutschen) Konzernobergesellschaft (Grundregel) oder durch Versagung des steuerlichen Betriebsausgabenabzugs von Zahlungen an niedrig besteuerte Auslandsgesellschaften (Ausnahme) erfolgen. Die Höhe einer solchen Nachversteuerung richtet sich nach der Differenz zwischen der tatsächlichen effektiven Besteuerung im Ausland und dem vereinbarten Mindeststeuersatz von 15%, d.h. es kommt zu keinem Hochschleusen auf das Steuerniveau der Konzernobergesellschaft.

Betroffene Unternehmen

Der Anwendungsbereich der Säule 2 soll international tätige Konzerne erfassen, die einen weltweiten Jahresumsatz von EUR 750 Mio. erwirtschaften. Es sind allerdings Ausnahmen insbesondere für Investment- und Pensionsfonds sowie staatliche Gesellschaften geplant. Internationale Schifffahrtseinkünfte werden ausgenommen.

Effektivsteuersätze je Land

Für die Anwendung der Nachversteuerung ist es entscheidend, ob das Niveau der tatsächlichen effektiven Besteuerung unter 15% liegt. Hierfür sind die Effektivsteuersätze je Steuerjurisdiktion zu ermitteln (sog. jurisdictional blendening). Die Steuerbelastungen von Konzerngesellschaften und Betriebsstätten in einem Land sind zusammenzurechnen und anschließend mit dem Mindeststeuerniveau von 15% zu vergleichen. Die Ermittlung der Effektivsteuersätze je Land erfordert die Zuordnung von Einkommen (z.B. Hinzurechnungsbetrag) und Steuern (z.B. Quellensteuern) zu einem Land.

Neue Quellensteuern nach DBA

Darüber hinaus werden Abkommensvorteile bei bestimmten Zahlungen (u.a. Lizenzgebühren, gewisse Dienstleistungsentgelte) an verbundene Unternehmen im DBA-Fall untersagt, wenn die Zahlungen auf Ebene des Zahlungsempfängers nicht dem Mindeststeuersatz von 9% unterliegen. Dieser Mindeststeuersatz ist ein angepasster Nominalsteuersatz auf Zahlung (hier kein Effektivsteuersatz). Es kommt somit auf die Steuerlast der betreffenden Einkünfte an, aber nicht auf die Gesamtsteuerlast des Zahlungsempfängers. Dies ist besonders wichtig bei Zahlungen an Länder mit steuerlichen Präferenzregimen oder mit einem rein territorialen Steuerregime.

Anwendungszeitpunkt der Mindestbesteuerung

Es wird angestrebt, die Säule 2 noch im Jahr 2022 gesetzlich zu kodifizieren. Die entsprechenden Gesetze dazu sollen in den einzelnen Ländern bereits in 2023 in Kraft treten.

Nächste Umsetzungsschritte

Nach der erwarteten Billigung des neuen Rahmenwerks für internationale Steuerreformen durch die G20 auf dem Juli-Treffen und die Präzisierung durch die OECD im Oktober ist die nächste wichtige Entwicklung die Veröffentlichung eines Mustergesetzes Ende November 2021. Angesichts des ehrgeizigen Ziels eines Inkrafttretens im Jahr 2023 müssen die betroffenen international tätigen Konzerne die Auswirkungen der neuen Regeln der Säulen 2 schnell abschätzen und Möglichkeiten zur Abmilderung des zusätzlichen Steueraufwands und der Vermeidung von Doppelbesteuerung erkunden.