Am 24. März 2021 haben die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich der Niederlande das Änderungsprotokoll zum DBA-Niederlande (DBA = Doppelbesteuerungsabkommen) unterzeichnet. Dieses sieht verschiedene Anpassungen vor. Zu seinem Inkrafttreten bedarf das Protokoll noch der Ratifikation. Die Änderungen sollen ab dem 1. Januar des Jahres nach dem Inkrafttreten anwendbar sein – also frühestens ab dem 1. Januar 2022. Was sind die wichtigsten Änderungen für Unternehmen?

Einschränkung der Ausnahmen vom abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriff

Das Änderungsprotokoll sieht eine teilweise Umsetzung von BEPS-Aktionspunkt 7 im Rahmen des DBA-Niederlande vor. Konkret wird der Ausnahmenkatalog in Art. 5 Abs. 7 DBA-Niederlande neugefasst.

Nach dem DBA-Niederlande dürfen Gewinne eines Unternehmens nur dann in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn dieses dort über eine Betriebsstätte im Sinne von Art. 5 DBA-Niederlande verfügt. Durch Abs. 7 des Art. 5 DBA-Niederlande werden bestimmte Unternehmenstätigkeiten jedoch vom abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriff ausgenommen. Durch das Änderungsprotokoll werden die Ausnahmen nach Art. 5 Abs. 7 DBA-Niederlande deutlich eingeschränkt.

Bislang bedurfte es nicht zwingend Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten, damit die dort genannten Ausnahmen greifen. Künftig stehen alle Ausnahmetatbestände unter dem Vorbehalt, dass es sich um vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten handeln muss.

 

Auswirkungen dürften sich beispielsweise bei internationalen Vertriebsstrukturen ergeben. Unterhält z.B. ein niederländisches Unternehmen ein Lager in Deutschland, sollte dies bislang keine abkommensrechtliche Betriebsstätte begründen. D.h. Deutschland darf die Lagereinkünfte in diesem Fall nicht besteuern. Zukünftig gilt dies nur noch dann, wenn die Lagertätigkeit keine bloße Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeit darstellt. Dabei entscheidet der Einzelfall, wann eine bloße Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeit vorliegt.

Mindesthaltedauer für Quellensteuerreduktion bei Dividenden

Durch das Änderungsprotokoll wird eine Mindesthaltedauer für Anteile eingeführt. Für die Quellensteuerreduktion auf 5% der Bruttodividende nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) DBA-Niederlande muss die betreffende 10%-Beteiligung zukünftig während eines Zeitraums von 365 Tagen einschließlich des Tages der Dividendenzahlungen bestehen. Eine Ausnahme gewährt die geänderte Vorschrift nur bei Änderungen der Eigentums-/Inhaberschaftsverhältnisse, die aus Umstrukturierungen resultieren. Beim Erwerb von qualifizierten Beteiligungen innerhalb eines Jahres vor dem Dividendenstichtag wird somit regelmäßig nur eine Quellensteuerreduktion auf 15% erfolgen.

Einführung einer Mindestdauer für die Qualifikation als Immobiliengesellschaft

Geändert wird außerdem Art. 13 Abs. 2 DBA-Niederlande. Diese Vorschrift gewährt dem Belegenheitsstaat von Immobilien das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an sogenannten „Immobiliengesellschaften“. Bislang war dies der Fall, wenn der Wert dieser Anteile im Veräußerungszeitpunkt zu mehr als 75 Prozent unmittelbar oder mittelbar auf in dem anderen Vertragsstaat gelegenem unbeweglichen Vermögen beruht. Durch die Änderung genügt dagegen zukünftig ein Überschreiten der Immobilienquote „zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung“. Der Anwendungsbereich der Vorschrift wird dadurch deutlich erweitert. Für Unternehmen ergeben sich insbesondere Monitoring- und Dokumentations­pflichten.

Aufgrund des höheren Schwellenwertes (75%) in Art. 13 Abs. 2 DBA-Niederlande besteht jedoch nach wie vor kein Gleichlauf mit § 49 Abs. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. cc) EStG, der eine Immobilienquote von 50% als Voraussetzung für eine beschränkte Steuerpflicht im Inland nennt.

Weitere Änderungen

Die weiteren Änderungen betreffen insbesondere Art. 17 DBA-Niederlande (d.h. die Zuweisung des Besteuerungsrechts für Ruhegehälter, Renten und Sozialversicherungsleistungen) sowie die entsprechenden Regelungen im Protokoll zum DBA-Niederlande.

Implikationen

International tätige Unternehmen sind vor allem aufgrund der Änderung des Betriebsstättenbegriffs gut beraten, wenn sie insbesondere ihre Einkaufs-, Produktions- und Vertriebsstrukturen überprüfen.