Wirtschaftliche Auswirkungen des Coronavirus

17.03.2020

Noch ist das ganze Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht absehbar. Erste Auswirkungen waren zwar bereits in den letzten Tagen und Wochen unmittelbar spürbar, insbesondere in den Branchen Messen, Logistik, Handel, Kultur und Tourismus. So kam und kommt es durch gestörte Lieferketten, Nachfrage-Rückgänge und zeitweise bzw. dauerhafte Schließungen zu unverschuldeten Umsatzrückgängen oder gar -einbrüchen. Von den von der Bundesregierung und den Ländern vereinbarten Leitlinien zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Leben vom 16.03.2020 werden nun aber noch zahlreiche weitere Teile der deutschen Wirtschaft betroffen sein. Die Tragweite der damit einhergehenden neuen erweiterten Maßnahmen und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen lassen sich aber nicht zuverlässig prognostizieren. Aussagekräftige Daten werden wohl erst mit einiger Verzögerung vorliegen.

Maßnahmenpaket der Bundesregierung

Um die wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus abzufedern, hat die Bundesregierung am vergangenen Freitag (13.03.2020) ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgestellt. Mit präzisen, schnell wirkenden Sofortmaßnahmen soll auf die konjunkturelle Entwicklung durch das Coronavirus reagiert werden und die Wirtschaft stabil gehalten werden. Unternehmen sollen mit ausreichend Liquidität ausgestattet werden, damit sie gut durch die Krise kommen. Die Bundesregierung sichert zu, es sei „genug Geld vorhanden, um die Krise zu bekämpfen.“ Sie werde „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen und im Fall gravierender Störungen der konjunkturellen Entwicklung „alle verfügbaren Ressourcen einsetzen“ und einer solchen Entwicklung „konsequent entgegentreten“.

 

Der sog. „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“ beruht auf vier Säulen:

Flexibilisierung von Kurzarbeitergeld

Zunächst sollen die Regelungen zum Kurzarbeitergeld flexibler werden. Unter anderem soll Kurzarbeitergeld künftig bereits dann beantragt werden können, wenn 10 Prozent (bisher 30 Prozent) der Beschäftigten vom Ausfall betroffen sind (dazu und zu weiteren arbeitsrechtlichen Aspekten rund um das Coronavirus empfehlen wir Ihnen den Blog-Beitrag unserer Kollegin Dr. Ursula Neuhoff).

Steuerliche Liquiditätshilfe für Unternehmen

Zweitens soll durch verschiedene steuerliche Maßnahmen die Liquidität von Unternehmen verbessert werden. Die Bundesregierung stimmt sich mit den Bundesländern darüber ab, Unternehmen die Möglichkeit von Steuerstundungen zu gewähren, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte darstellen würde. Die Finanzverwaltung soll diesbezüglich keine strengen Anforderungen stellen.

 

Steuervorauszahlungen sollen unkompliziert und schnell herabgesetzt werden, sobald klar ist, dass Einkünfte im laufenden Jahr voraussichtlich geringer sein werden.

 

Darüber hinaus wird bis Ende des Jahres auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet, solange der Schuldner unmittelbar von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen ist.

 

Ob die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen, um in den Genuss der einzelnen Maßnahmen zu kommen, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Ausgehend von den Motiven des Maßnahmenpakets dürften jedoch keine erhöhten Anforderungen zu stellen sein. Die Finanzbehörden sind angewiesen, den Steuerpflichtigen entgegenzukommen.

Milliarden-Hilfsprogramm für Betriebe und Unternehmen

Drittens sollen Unternehmen und Beschäftigte mit – im Volumen unbegrenzten – Maßnahmen zur Liquiditätsausstattung geschützt werden.

 

Bereits bestehende Programme für Liquiditätshilfen werden ausgeweitet.

 

Konkret werden die Bedingungen für den KfW-Unternehmerkredit und den ERP-Gründerkredit-Universell gelockert. Risikoübernahmen (Haftungsfreistellungen der finanzierenden Bank durch die KfW) für Betriebsmittelkredite werden auf bis zu 80% erhöht. Die Öffnung der Risikoübernahmen wird zudem auf Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 2 Milliarden Euro (bisher 500 Millionen Euro) erweitert. Die erhöhten Risikoübernahme-Sätze steigern die Bereitschaft der Kreditinstitute, einen KfW-Kredit zu vergeben.

 

Der KfW Kredit für Wachstum, bisher beschränkt auf Investitionen in Innovation und Digitalisierung, wird im Wege der Konsortialfinanzierung erweitert auf die allgemeine Unternehmensfinanzierung (inkl. Betriebsmittel). Auch wird die Umsatzgrenze für antragsberechtigte Unternehmen auf 5 Milliarden Euro (bisher 2 Milliarden Euro) angehoben.

 

Als weitere Maßnahme wird der Bürgschaftshöchstbetrag bei den Bürgschaftsbanken (staatlich unterstützte Förderbanken, die gegenüber Kreditinstituten Bürgschaften für Existenzgründer und bestehende Unternehmen übernehmen) auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt. Für darüber hinausgehende Bürgschaften sind die Länder beziehungsweise deren Förderinstitute zuständig. Entscheidungen über Bürgschaften in Höhe von bis zu 250.000 Euro können die Bürgschaftsbanken eigenständig und innerhalb von drei Tagen treffen. Dadurch wird die Liquiditätsbereitstellung beschleunigt.

 

Darüber hinaus sind für Unternehmen, die krisenbedingt vorübergehend in ernsthafte Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind und daher nicht ohne weiteres Zugang zu den bestehenden Förderprogrammen haben, zusätzliche Sonderprogramme geplant. Deren Einführung unterliegt jedoch dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission.

Stärkung des Europäischen Zusammenhalts

Auf gesamteuropäischer Ebene wirken bisher noch keine konkreten Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus zu kompensieren, jedoch setzt sich die Bundesregierung für ein koordiniertes und entschlossenes Vorgehen ein.

 

Die Europäische Kommission stellte eine „Corona Response Initiative“ mit einem Volumen von (zur Zeit) 37 Milliarden Euro in Aussicht. Demnach bereitet die Kommission etwa rechtliche Rahmenbedingungen für Maßnahmen auf Grundlage von Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV (Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats) vor, die im Bedarfsfall verabschiedet werden sollen. Auch erste Hilfsmaßnahmen für KMU sind in Planung.

Auswirkungen auf Exportgeschäfte

Abschließend ist noch ein Blick auf die Auswirkungen des Coronavirus auf Exportgeschäfte zu werfen. Hier unterstützt der Bund die Wirtschaft auch weiterhin mit Exportkreditgarantien (sog. Hermesdeckungen). Sie werden flankiert durch ein KfW-Programm zur Refinanzierung von Exportgeschäften.

 

Aktuell übernimmt der Bund auch weiterhin Exportkreditgarantien für Exporte in Corona-Risikogebiete (auch China). Es gibt aktuell auch keine Einschränkungen auf bestehende Deckungen für Lieferungen und Leistungen in diese Gebiete. Schäden aufgrund des Coronavirus (etwa in der Herstellungsphase oder der Ausfall einer Forderung nach Lieferung) sind unter den Hermesdeckungen in  Form der Fabrikationsrisikodeckung und Forderungsdeckung abgesichert. Voraussetzung für letztere ist aber, dass die Forderung auch tatsächlich besteht: Die Auswirkungen des Coronavirus können eventuell einen Fall höherer Gewalt darstellen und damit die Forderung entfallen lassen (Fall von Störung der Geschäftsgrundlage).