Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine hat das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten am Donnerstag, den 17. März 2022, mit überwältigender Mehrheit (424:8 Stimmen) wirtschaftliche Sanktionen gegen die Aggressoren beschlossen („Suspending Normal Trade Relations with Russia and Belarus Act”). Dem vorausgehend hatte Präsident Biden mittels Executive Order Import- und Exportverbote verfügt. Die vorgesehenen Maßnahmen dürften nur der Auftakt eines umfassenderen Sanktionsplans sein. In der Folge müssen Unternehmen ihre direkte insbesondere aber auch ihre indirekte Beziehung zu Aktivitäten in und um Russland und Belarus eingehender untersuchen.

Aussetzung des PNTR-Status für Importe

Bereits kurz nach dem Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2012 hatten die Vereinigten Staaten der Russischen Föderation mit dem „Magnitsky Act“ den Status eines bevorzugten Handelspartners gewährt (sogenannter permanent normal trade relations status, PNTR-Status). Mit diesem Status gehen Zollvorteile einher – aus Russland stammende Waren, die in die USA verkauft werden, unterliegen also geringeren Zöllen als Waren, die von nicht PNTR-Staaten eingeführt werden. Auch Belarus genießt aktuell den PNTR-Status.

 

Das vom Repräsentantenhaus verabschiedete Sanktionspaket setzt den PNTR-Status für beide Staaten aus. In der Folge wären für alle Importe aus Russland und Belarus zukünftig grundsätzlich die Zolltarife gemäß Spalte 2 des Harmonized Tariff Schedule anzuwenden. Gleichzeitig sollen Präsident Biden umfangreiche (aber zeitlich beschränkte) Freiheiten eingeräumt werden, die Zolltarife für Produkte aus Russland und Belarus weiter zu erhöhen.

Importverbote für aus Russland stammende Güter

Für bestimmte Waren, die aus Russland stammen, wurde über die Aussetzung des PNTR-Status hinaus, ein Importverbot verhängt. Danach ist die Einfuhr von Fisch, Meeresfrüchten und daraus bestehende Zubereitungen künftig untersagt. Das Importverbot gilt außerdem für aus Russland stammende alkoholische Getränke und nicht-industrielle Diamanten.

Exportverbote und Handelsverbot für Luxusgüter

Neben dem Importverbot, wurde ein Exportstop für bestimmte Waren verhängt. Demnach ist es inzwischen untersagt, Luxusgüter unmittelbar oder mittelbar aus den USA an Personen in Russland zu verkaufen, zu liefern oder auszuführen. Hierzu gehören unter anderem Fahrzeuge, hochwertige Uhren oder Kleidung, Alkohol und Schmuck. Auch die Ausfuhr, der Verkauf und die Lieferung von US-Dollar-Banknoten an in Russland ansässige Personen ist zukünftig nicht gestattet. Diese Verbote sollen unabhängig von ihrem Standort auch für alle nicht in den USA befindlichen US-Staatsbürger gelten.

Investitionsbeschränkungen

Neben den dargestellten Ein- und Ausfuhrbeschränkungen untersagt die von Präsident Biden erlassene Executive Order Investitionen in Wirtschaftssektoren der Russischen Föderation, die vom Finanzministerium noch genauer zu bezeichnen sind. Neue Investitionen in den russischen Energiesektor sind dabei bereits verboten.

Ausblick

Die dargestellten Maßnahmen dürften nur der Beginn eines umfassenderen Sanktionsplans sein (Präsident Biden: “these are the latest steps we’re taking, they’re not the last steps we’re going to take”). Im Unterschied zu den präsidialen Plänen der nationalen politischen Agenda, wie b des Build Back Better Act, kann Joe Biden sich hier einer parteiübergreifenden Mehrheit sicher sein. So wird erwartet, dass der Senat der Vorlage des Repräsentantenhauses zeitnah zustimmt. In der Folge steht zu erwarten, dass die vorstehenden Handels- und Investitionsverbote auf Belarus ausgeweitet werden, soweit sie bisher nur Russland betreffen. Die einzige ukrainischstämmige US-Kongressabgeordnete, Victoria Spartz hatte hierzu im Rahmen der jüngsten Diskussionen betont, dass es wichtig sei, Putin kein Schlupfloch für Waren- oder Mittelbewegungen über Belarus zu gestatten.

 

Unternehmen mit Aktivitäten in den USA sollten die Entwicklungen in den obigen Bereichen daher im Auge behalten. Die Liste der Waren, für die Im- und Exportverbote gelten, kann nach Absprache mit dem Finanzministerium und dem Handelsministerium jederzeit erweitert werden. Auch die Investitionsbeschränkungen können nach Maßgabe des Finanzministeriums auf weitere Branchen erstreckt werden. Zudem gilt es mit Blick auf Unternehmensprozesse und Wertschöpfungskette zu vermeiden, dass eine mittelbare Beteiligung an untersagten Transaktionen stattfindet. Die Formen der mittelbaren Beteiligung sind dabei weitgefasst und umfassen neben Finanzierungstätigkeiten auch viele andere Formen der Mitwirkung („approval, financing, facilitation or guarantee“).